»Geheimnisvolles, undurchsichtiges Deutschland«

Zusammenfassung

Über Elisabeth Förster-Nietzsche und das von ihr geführte Nietzsche-Archiv hat es seit dessen Gründung im Februar 1894, erst in Naumburg, dann ab 1897 in Weimar, immer wieder kritische Stimmen gegeben, Stimmen, die spätestens seit Mitte der zwanziger Jahre einen Geist dort wirken sahen, der am äußersten rechten Rand des breiten politischen Spektrums der entstehenden Weimarer Republik anzusiedeln war.¹ Die Geschichte des Nietzsche-Archivs nach 1933, als sich Adolf Hitler persönlich der wieder einmal unsicheren Finanzierung der Unternehmung annahm und damit Elisabeth Förster-Nietzsche und die ihr nach 1935 folgenden Nachlaßverwalter bis zum Ende des Dritten Reiches aller finanziellen Sorgen enthob, scheint diesen Stimmen recht zu geben. Nahtlos war die im Umkreis der »Villa Silberblick« vertretene politische Ideologie in das »Tausendjährige Reich« übergegangen. Doch bei allen Affinitäten der offiziösen Politik des Nietzsche-Archivs mit den ideologischen Fundamenten des Nationalsozialismus sollte man auch nicht unberücksichtigt lassen, daß Elisabeth Förster-Nietzsche zumindest in den ersten Monaten nach der Machtergreifung selbst beklagte, wie aus ihrer Korrespondenz mit dem italienischen Literarhistoriker und Leiter des Kölner Petrarca-Hauses Arturo Farinelli zu entnehmen ist, daß der Nationalsozialismus leider nur »halbmussolinisch« sei, also eine andere Wendung zu nehmen schien als der Faschismus in Italien.²