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Die Novelle der Hochherzigkeit im 19. Jahrhundert

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Poetik der Novelle
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Zusammenfassung

Der dubiose Charakter aus dem 10. Buch des Decameron verliert im Laufe der Novellengeschichte jegliche parodistische Funktion. Nur so kann ihn die Novelle des 19. Jahrhunderts übernehmen. Die Widersprüchlichkeit der hohen Tugenden, die bei Boccaccio eine Figur in sich zu vereinen wußte, wird nicht mehr zum Spott menschlicher Größe überhaupt eingesetzt. Vielmehr liegt nun die Größe der Figuren in ihrer Zerrissenheit, in der schicksalhaften Unfähigkeit, zwei Eigenschaften, die wie zwei Seelen einander widerstreiten, in sich zur Ruhe zu bringen. Immerhin weiß Paul Ernst noch von der Herkunft dieser Konstellation aus Boccaccios Werk, ohne freilich eine exakte Unterscheidung des Figurenentwurfs in den einzelnen Büchern des Decameron vorzunehmen:

Die Verknüpfung von Schicksal und Charakter und die ewige Frage ihrer gegenseitigen Bestimmtheit; deren Behandlung erfordert jenen außersittlichen Standpunkt, den zuerst der große Boccaccio hat. [1]

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Anmerkungen

  1. Paul Ernst: Zum Handwerk der Novelle. In: P. E.: Der Weg zur Form. Abhandlungen über die Technik vornehmlich der Tragödie und Novelle. München 1928. S. 72.

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  2. Friedrich Spielhagen: Novelle oder Roman? In: F. S.: Beiträge zur Theorie und Technik des Romans. Leipzig 1883. S. 246.

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  3. Paul Heyse: Meine Novellistik. In: P.H.: Jugenderinnerungen und Bekenntnisse. Berlin 1901. S. 348.

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  4. Friedrich Spielhagen: Novelle oder Roman? In: F. S.: Beiträge zur Theorie und Technik des Romans. Leipzig 1883. S. 245.

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  5. Zit. nach Hans-Jörg Neuschäfer: Boccaccio und der Beginn der Novelle. München 1969. S. 52.

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  6. August Wilhelm Schlegel: Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst. III. Teil. In: Deutsche Litteraturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts. Bd. 19. Hsg. von Jakob Minor. Heilbronn 1884. S. 248. Ähnlich äußert sich auch Ludwig Tieck, wenn er erwartet, daß in der Novelle geschehe, »was sich vor dem Auge des Geistes und Gewissens, noch weniger vor der Satzung der Moral und des Staates nicht ausgleichen läßt, Schicksal genannt, um die Streitfrage vermittelst der Phantasie und der religiösen Weihe in einen höhern Standpunkt hinauszurücken.« (Ludwig Tieck: Vorbericht zur dritten Lieferung der Schriften. In: L.T.: Schriften. Bd. 11. Berlin 1829. S. LXXXVIII f.) Peter Brockmeier bemerkt schon bei Boccaccio die Lokalisierung des Novellenmilieus im altertümlichen Ambiente: »Aus der Perspektive der idealen Stadtgesellschaft, in der Vernunft und anständig kaschierter Betrug einen Ausgleich der Interessen herbeiführen, entwirft Boccaccio ein Bild der außerstädtischen signori oder nobili cava lieri, die Burgen und Vasallen unter sich haben (Dec. IV, 9). Vom Standpunkt des gesunden Menschenverstandes, der Konflikte durch listige Überredung und nutzbringende Höflichkeit lösen möchte, erscheinen die Magnaten als sonderbare Gestalten aus einer fernen Vergangenheit: heftige Leidenschaft, widersprüchliche Emotionen brechen in unbedachten blutigen Taten aus.« (Lust und Herrschaft. S. 23) Dem steht die Behauptung Neuschäfers entgegen, daß die Entwicklung von Boccaccios Novellen »mit dem Aufkommen einer der Version des Novellino unbekannten Problematik verbunden ist.« (Boccaccio und der Beginn der Novelle. S. 15) Neuschäfer wertet diese Problematik in der Novelle des Boccaccio als einen Gewinn an Modernität. Tatsächlich beschreibt er die Komplizierung des Erzählmodells, wenn er mit Lugowski von der Entstehung der Individualität spricht. Dabei übersieht er, daß sich die Novelle schon bei Boccaccio an der Exotik der Rechtslage erfreut. Der Kasus ist auch hier schon eine phantastische Vorlage für ein geistreiches Redespiel.

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Schlaffer, H. (1993). Die Novelle der Hochherzigkeit im 19. Jahrhundert. In: Poetik der Novelle. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03505-9_10

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03505-9_10

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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  • Online ISBN: 978-3-476-03505-9

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