Zusammenfassung
Fragt man nach der Rolle der Frauengestalten oder besser, weil grundsätzlicher, nach der Rolle der Weiblichkeit bei Kleist, so fällt zunächst die Diskrepanz auf, die zwischen den Lebensplänen und frühen Briefen einerseits und dem Werk andererseits besteht. Kleist hatte zwar einen Begriff von Weiblichkeit, den er in seinen Briefen an die Braut Wilhelmine von Zenge formuliert hat. Da wird der Frau eine eingeschränkte, aufs Patriarchat zugeschneiderte, fast korsettartige Lebensführung anempfohlen, in der sie sich völlig auf die Vormundschaft und den Schutz des Mannes verlassen soll. Man kann nicht einmal behaupten, daß dieser Begriff von Weiblichkeit den Vorstellungen des ausgehenden achtzehnten Jahrhunderts entspricht: Er ist radikaler, extremer in seiner Ablehnung weiblicher Selbständigkeit. Diese Briefe liegen chronologisch alle vor den eigentlichen literarischen Werken des Dichters und lassen sich auf diese Werke höchstens so beziehen, daß Kleist hier mit dem Problem der Geschlechterrollen ringt, mögliche Antworten entwirft, die sich jedoch als unzureichend herausstellen, so daß er dieselben Probleme im dichterischen Werk dann anders, differenzierter und auch unheimlicher gestaltet.
Vortrag, gehalten am 19. Juni 1992 auf der Jahrestagung der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft in Regensburg. Die Zitate folgen der Ausgabe von Helmut Sembdner (Heinrich von Kleist, Sämtliche Werke und Briefe, 2 Bde., 5. Aufl. München 1970;)
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Klüger, R. (1993). Die Andere Hündin: Käthchen. In: Kreutzer, H.J. (eds) Kleist-Jahrbuch 1993. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03502-8_11
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03502-8_11
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