Zusammenfassung
Die Revolution von 1831 sollte in Bern den Staat der aristokratischen Bevormundung und Willkür durch einen Staat der demokratischen Freiheit und des Rechts ablösen. Die ›Ausschließungssucht‹ der Patrizier sollte der Rechtsgleichheit weichen. Doch der Paragraph 35 der bernischen Staatsverfassung vom 31.7.1831 bestimmt, daß das geistliche Amt nicht zu vereinbaren sei mit der Stellung eines Großrats (Volksvertreters) oder mit einem anderen politischen Amt. Was den diskriminierenden Beschluß zustandebrachte, war Mißtrauen gegen die Pfarrer, die sich meist loyal zur alten Obrigkeit verhalten hatten. Wir wissen nicht, wie Bitzius die Bestimmung aufgefaßt hat, als sie neu war.1 Sie wurde ihm nach und nach zur Quelle der Verbitterung, als sich zeigte, daß die Geistlichen als moralische und intellektuelle Hauptstütze des Staatswesens ausgedient hatten und nun als gefährliche Reaktionäre verschrien wurden. Tatsächlich lehnte Gotthelf den neuen Staat im Prinzip ab, sobald er dessen religiöse Indifferenz und den in der Praxis jener Jahre oft militanten Atheismus erkannte. Ja er nahm aus hautnaher Erfahrung eher den Atheismus als die religiöse Indifferenz für das Prinzip. Wenn er obendrein Handel und Wandel kritisierte, so erwuchs seine zunehmende Heftigkeit ebenfalls aus der prinzipiellen Ablehnung des neuen Staats. Viele praktische Unzulänglichkeiten hätte er wohl milder beurteilen können, wenn sie sich ihm nicht im Licht von Grundsätzen dargestellt hätten. Gotthelf glaubte zu erkennen, daß der junge, vom demokratischen Radikalismus bestimmte Staat sich an die Stelle der Kirche setze, indem er das profane Rechtsverständnis und das staatliche Gesetzesrecht verabsolutiere, die christlichen Gebote und das Gewissen ausmustere.
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Literatur
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Die Restaurationsregierung honorierte auch die patrizischen Standesgenossen in politischen Ämtern kärglich und zog sich den Vorwurf der Opposition zu, sie würde das Volk hindern, den Nationalreichtum zu kapitalisieren, und die Volkswirtschaft geradezu lahmlegen. Hierzu Erich Gruner: Das bernische Patriziat und die Regeneration. Bern 1943. S. 38–41.
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Hahl, W. (1994). Kritik am liberalen Rechtsstaat von einer kirchlichen und theologischen Position. In: Jeremias Gotthelf — der »Dichter des Hauses«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03499-1_10
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