Zusammenfassung
Bei der Frage nach der Repräsentativität der beiden Dramen von Konrad Wünsche und Martin Walser wird man berücksichtigen müssen, inwieweit für die Generation der >später< Geborenen tatsächlich eine Hamlet-Situation charakteristisch war, wenn sie ihre Väter nach deren Taten zwischen 1933 und 1945 befragten. In Zusammenhang mit der Aufführung des Schwarzen Schwans fragte André Müller: »Ähnliches kann sich abspielen, hat sich vielleicht abgespielt. Aber ist der dargestellte Fall auch gesellschaftlich relevant? Rudi müßte dann für die junge Nachkriegsgeneration stehen. Hat die seine hamletischen Züge? Leidet sie an den Taten ihrer Väter? Wird ihr Verhalten durch Gewissenskonflikte bestimmt? Betrachtet sie sich schuldig, weil ihre Väter schuldig waren?«.[1] Mit seminarmarxistischem Eifer kommt Müller zu dem Schluß, daß dies nur auf »einen kleinen, wichtigen Teil« der Nachkriegsgeneration zutreffe, die Mehrheit aber sei »manipuliert worden« in Richtung auf eine Verdrängung der Vergangenheit.[2] Inzwischen lassen sich Müllers eindimensionale Befunde differenzieren. Denn wenn seitens der Väter die Verdrängung des Unbegreiflichen betrieben und auch von den Söhnen verlangt wurde, so ist umgekehrt für die jüngere Generation ein Leidensdruck angesichts dieser restaurativen Forderungen sehr wohl charakteristisch.
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Notizen
A. Müller: Das Unbewältigte bewältigt? (1970), S. 134.
M. Walser: Hamlet als Autor [zuerst 19651 Alle folgenden Seitenangaben in Klammem nach dem Abdruck in: H. H. Rudnick: William Shakespeare. Hamlet Erläuterungen und Dokumente (1982).
M. Frisch: Der Autor und das Theater. Rede auf der Frankfurter Dramaturgentagung 1964. In: Gesammelte Werke in zeitlicher Folge (1976), Band V, S. 342.
M. Schneider: Väter und Söhne, posthum. In: Den Kopf verkehrt aufgesetzt (1980), S. 14f. Ulrich Greiner betonte in einem ZEIT-Essay, daß die Studentenbewegung auch eine Revolte der Nachgeborenen »gegen die Täter von Auschwitz« war. Vgl. U. Greiner: Söhne und ihre Väter (1988), S. 55.
P. Henisch: Die kleine Figur meines Vaters (1980), S. 5.
T. Moser: Ödipale Leichenschändung: Der Vater im Dritten Reich (1985), S. 49.
C. Meckel: Suchbild (1983), S. 55.
C. Meckel: Bericht zu dem Buch »Suchbild/Über meinen Vater« (1988), S. 38.
C. Meckel: Suchbild (1983), S. 7.
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Loquai, F. (1993). Die Abrechnung mit den Vätern. In: Hamlet und Deutschland. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03463-2_16
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