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»Das Mausoleum vieler (…) geliebten Leiden und Irrthümer«: Tiecks »Lovell« aus historisch-poetologischer Sicht

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Die Krise der Aufklärung als Krise des Erzählens
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Zusammenfassung

Die »tragische« Zwiegespaltenheit der Sprache von »La Nouvelle Héloïse«, die ästhetisch sanktionierte Dissonanz der Sprache des »Werther«, die offene Dissonanz in Lenzens »Der Waldbruder« -: historisch-poetologisch gesehen, handelt es sich um Grenzgänge. Denn Rousseaus, Goethes und Lenzens Briefromane sind dem Richardsonschen, moral-sense-empfindsamen Erzählkonzept eben dergestalt verpflichtet, daß sie es in Frage stellen. Die Wende zum dissonanten Wort vollziehen die »schönen Seelen« Rousseaus, in deren Rede die Möglichkeit guter und glücklicher Existenz — von Richardsons Roman »sinnreich« entdeckt und »rührend« durchgespielt — sich zur unbedingten Gewißheit steigert, aber zugleich fürs Hier und Heute dementiert wird und so in einer äußersten, praktisch nur unter Mühen erträglichen Schwebe verbleibt.

Eine Interpretation gieng zu Grunde; weil sie aber als die Interpretation galt, erscheint es, als ob es gar keinen Sinn im Dasein gebe, als ob allesumsonstsei. 1

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Notizen

  1. Vgl. Ryan, Lawrence, Hölderlins »Hyperion«. Exzentrische Bahn und Dichterberuf, Stuttgart 1965, 4ff., 223ff.

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  2. Vgl. Arnim, Achim von, Erzählungen in einem Band, hg. Walther Migge, München, Wien 1971, 7–71, hier: 65ff.

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  3. Vgl. die entsprechenden Aussagen Tiecks im Brief an Solger vom 31. 3. 1815, Schweikert, 60.

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  4. Vgl. Strohschneider-Kohrs, Ingrid, Die romantische Ironie in Theorie und Gestaltung, Tübingen 21977, 44f., 56ff.

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  5. Vgl. Henrich, Dieter, Kunst und Kunstphilosophie der Gegenwart (Überlegungen mit Rücksicht auf Hegel), in: Wolfgang Iser (Hg.), Immanente Ästhetik, ästhetische Reflexion. Lyrik als Paradigma der Moderne, München 1966 (= Poetik und Hermeneutik II), 11–32, Diskussion: 524–531, hier: 18f. und 525f.; vgl. auch ders., Fichtes ursprüngliche Einsicht, in: Subjektivität und Metaphysik. FS Wolfgang Cramer, Frankfurt/M. 1966, 188–232, bes. 191ff. und 212ff.

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  6. Vgl. Ernst Ribbats Rezension des Frankschen »Zeitr«-Buchs, ZfdPh 93 (1974), 602–607; Th.E. Schmidt, 63, Anm. 59;, außerdem die skeptische Beurteilung Franks in Roger Paulins Realienbändchen: Ludwig Tieck, Stuttgart 1987, 18.

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  7. Anders Dieter Arendt, der (auf der Linie seiner »nihilistischen« Deutung des Textes) eine gänzliche, »marionettenhafte Abhängkeit« Lovells von Andrea konstatiert (Der “poetische” Nihilismus der Romantik, 2 Bde., Tübingen 1972, 364; vgl. auch ebd., 362ff.); auf Arendts Ansatz komme ich gleich noch zu sprechen.

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  8. Eine solche Unterscheidung trifft Karlheinz Weigand (vgl. Tiecks »William Lovell«. Studie zur frühromantischen Antithese, Heidelberg 1975, 133ff.

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  9. Solger, Karl Wilhelm Ferdinand, Erwin. Vier Gespräche über das Schöne und die Kunst, ND d. Ausgabe Berlin 1907 zusammen mit Solgers Rezension von A.W. Schlegels »Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur, m. e. Nachw. u. Anm. hg. Wolfhart Henckmann, München 1970. 389.

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  11. Tieck, Ludwig, Franz Sternbalds Wanderungen, Studienausgabe, hg. Alfred Anger, Stuttgart 1979; Nachweise im Text (St + Seite).

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  12. Stellt man eine Verbindung zu den »Herzensergießungen« her, so erhält man eine Erläuterung des Wackenroderschen Befundes, wonach es heute weniger denn je ausreicht, bei der Schilderung von Kunst sich auf den Unsagbarkeitstopos zurückzuziehen, vielmehr in Sachen »Kunst« und »Leben« eine Art Vermittlungsnotstand eingetreten ist; vgl. Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders, in: Wackenroder, Wilhelm Heinrich, Werke und Briefe, Heidelberg 1967, 7–131, hier: 47 (»Zwei Gemäldeschilderungen«).

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  13. Vgl. die von Dilthey formulierten Prämissen (Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften, = ders., Gesammelte Schriften, Bd. 7, Stuttgart 51968, 191ff. [»Entwürfe zur Kritik der historischen Vernunft«]).

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  14. Brummack, Jürgen, Satirische Dichtung. Studien zu Friedrich Schlegel, Tieck, Jean Paul und Heine, München 1979, 25.

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  15. Vgl. Kluge, Gerhard, Idealisieren — Poetisieren. Anmerkungen zu poetologischen Begriffen und zur Lyriktheorie des jungen Tieck, in: JDSG 13 (1969) 308–360, hier: 311ff.

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  17. Vgl. Ribbat, Ernst, Ludwig Tieck: Franz Sternbalds Wanderungen, in: Romane und Erzählungen der deutschen Romantik. Neue Interpretationen, hg. Paul Michael Lützeler, Stuttgart 1981, 58–74, hier: 70f.

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  18. Jean Paul, Historisch-kritische Ausgabe, Abt. III: Briefe, hg. Eduard Berend, Bd.3, Berlin 1959, 116 (an F. v. Oertel, 13.11.1798).

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  19. Vgl. Ernst Bloch, Bilder des Déjà vu, in: ders., Verfremdungen 1, Frankfurt/M. 1962, 24–37; Thomas Fries, Ein romantisches Märchen: »Der blonde Eckbert« von L. Tieck, in: MLN 88 (1973), 1180–1211 (mit Walter Benjamins Deutungsansätzen).

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  20. Vgl. Käte Hamburger, Die Logik der Dichtung, Stuttgart 21968, 56ff.

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  21. Vgl. Fietz, Lothar, »Thou, Nature, art my goddess« — Der Aufklärer als Bösewicht im Drama der Shakespeare-Zeit, in: Jochen Schmidt (Hg.), Aufklärung und Gegenaufklärung in der europäischen Literatur, Philosophie und Politik von der Antike bis zur Gegenwart, Darmstadt 1989. 184–205.

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Heilmann, M. (1992). »Das Mausoleum vieler (…) geliebten Leiden und Irrthümer«: Tiecks »Lovell« aus historisch-poetologischer Sicht. In: Die Krise der Aufklärung als Krise des Erzählens. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03434-2_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03434-2_5

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-00861-9

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