Zusammenfassung
Die allmähliche Ablösung von Mustern des Barockromans und von der rhetorischen Literaturtheorie der Frühaufklärung, die neue poetische Norm des »pragmatischen Romans« und deren zunehmende Subvertierung durch empirisch-anthropologische, alle rationalistische Spekulation abweisende Fragestellungen bis hin zur Krise des anthropologischen Romans in Tiecks ›William Lovell‹ — all das ergibt ein stringentes Entwicklungsmodell, das zudem zwei Vorzüge hat: Zum einen fügt es sich gut ein in die kurrente Aufklärungsskepsis, die die Krisenhaftigkeit der Spätaufklärung neu entdeckt hat.1 Zum anderen — und dies ist mir natürlich wichtiger — entspricht das hier entworfene Epochenbild dem skeptischen Blick der Klassiker und Romantiker zurück auf Aufklärung und Sturm und Drang; es dient also zur Rekonstruktion der Folie, von der sich die Goethezeit in bestimmter Negation absetzt.
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Notizen
Vgl. dazu: Horst Breuer, Zur Geschichte der Justizreform in England: Der Beitrag Henry Fieldings. In: DVjs 53 (1979), S.378–393. In seinen kriminologischen und rechtspolitischen Schriften zeigte sich Fielding wesentlich rigoristischer als in seinen Romanen.
Vollständiger Titel: ›The life and opinions of Tristram Shandy, gentleman‹ Bd.I und II erschienen 1759 (in York; die Londoner Erstausgabe dagegen erst am 1.1.60), III und IV 1760, V und VI 1761, VII und VIII 1765, IX 1767. Ich zitiere im folgenden nach der Penguin-Ausgabe (*253) mit Angabe von Buch (römisch), Kapitel (arabisch) und Seite.
Vgl. Eckhard Lobsien, Landschaft als Zeichen. Zur Semiotik des Schönen, Erhabenen und Pittoresken [vor allem zur ästhetischen Diskussion in England im 18. Jhd.]. In: Manfred Smuda (Hg.), Landschaft. Frankfurt 1986 .
Ein zweiter, noch radikalerer Schub wird sich dann gerade aus der Absage an empirische Wirklichkeit und empirische Subjektivität ergeben (was sich im ›Lovell‹ schon andeutete). Dieser doppelte Ursprung von Sprachkritik und hochentwickelter Zeichenpoetik läßt sich übrigens auch am Beginn der Moderne beobachten — eine von vielen verblüffenden Gemeinsamkeiten der beiden (gleichermaßen anti-mimetischen) Jahrhundertwenden. Auch hier hat die zunehmende Sprachkritik ihren Ursprung einerseits in einem radikalisierten Empirismus (z. B. Mach, Mauthner, letztlich auch der ›Chandos‹-Brief), andererseits gerade in der Absage an eine empirische Wirklichkeitssicht (z. B. frz. Symbolismus). Vgl. dazu meine Darstellung in: Manfred Engel, Rainer Maria Rilke und die moderne Lyrik. Zwischen Jahrhundertwende und Avantgarde. Stuttgart 1986 (Germanist. Abhandl. 58), bes. S.59ff. u. 86ff.
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Engel, M. (1993). Alternative Romankonzepte. In: Der Roman der Goethezeit. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03431-1_5
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