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Zusammenfassung

Die Poetik Hubert Fichtes bewegt sich zwischen verschiedenen Polen, die unvereinbar scheinen. Seine Forderung nach einer Anwendung der Härte des naturwissenschaftlichen Empirismus in der Poesie ist das Bekenntnis zu einer Literatur, die nur rigoros recherchierte Fakten verwendet. Durch seine Betonung der Besonderheit der poetischen Gesetzmäßigkeit befreit er den Schriftsteller andererseits von jeder Verpflichtung, die seine kompositorische Arbeit stören könnte. Er kritisiert stets unzulängliche, nichtfundierte Äußerungen von Schriftstellern und Wissenschaftlern. Andererseits erkennt er dem Schriftsteller das Recht zu, Stellung zu manchen Problemen zu beziehen, auch wenn er kein Spezialist auf dem Gebiet ist. In einem Artikel für die Zeit vom 24.5.1964, die als Antwort zum Aufruf von Marcel Reich-Ranicki an die deutschen Schriftsteller geschrieben wurde, Stellung zum Auschwitz-Prozeß zu beziehen, erkennt Fichte zwar: “Politik ist heute ein Spezialgebiet, das spezielle Kenntnisse verlangt, … ”, meint jedoch:

Menschlichkeit und Zivilcourage bedürfen keiner wissenschaftlichen Vorbildung, keiner diplomatischen Routine. Ich selber bin auf nicht viel mehr gestützt als persönliche Empfindlichkeit und eine mittlere Beobachtungsgabe ….

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Anmerkungen

  1. Handke, P., Totgeborene Sätze, in: Die Zeit vom 6.12.1968.

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  2. Ibid.

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  3. Vgl. Hamm, Peter, Versäumte Solidarität. Eine Erwiderung auf Peter Handkes Aufsatz ‘Totgeborene Sätze‘”, in: Die Zeit vom 13.12.1968, und; Hamm, Peter, Der neueste Fall von deutscher Innerlichkeit: Peter Handke in: Scharang, M. (Hrsg.): Über Peter Handke. Frankfurt/M. 1972. Zuerst veröffentlicht in: Konkret Nr. 12, 2.6.1969.

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  20. Ibid, S. 209.

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Simo, D. (1993). Politik, Empfindlichkeit und Poesie. In: Interkulturalität und ästhetische Erfahrung. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03428-1_5

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