Zusammenfassung
Es ist die Frage schon zu stellen, ob man von »Musikgeschichte« so selbstverständlich sprechen kann, wie man es immerzu tut. Eindeutig ist die Antwort nämlich nicht. Wenn man etwa bedenkt, daß Musik stets mit ihrem Ton verklingt, also in ihrer Erscheinungsweise an den Augenblick, an die jeweilige Gegenwart, gebunden ist, dann stellt sich die Frage nach der Geschichte dieser Erscheinung, die nichts Bleibendes hat, durchaus — und alle Musikgeschichte, möchte man meinen, könne im Grunde nur Aufführungs- und Rezeptionsgeschichte sein. Nun, es gibt Musik ja auch schriftlich, und deshalb kann es Musikgeschichte auch als Kompositions- und Komponistengeschichte geben. Indessen, die Noten sind allemal die Aufforderung, die Musik aus ihnen erst zu machen, damit es sie gibt. Deshalb kann die zweite Art, Musikgeschichte zu schreiben, von der ersten nicht absehen. Aber es ist auch noch ein Drittes zu bedenken, daß nämlich derjenige, mit dem ich von Musik spreche oder für den ich über Musik schreibe, eine Vorstellung von dem haben muß, wovon ich spreche oder schreibe. Denn nicht nur kann ich mich über Beethovens Fünfte nur mit jemandem verständigen, der das Werk kennt, ich muß vielmehr überhaupt davon ausgehen können, daß, selbst wenn ich von Musik ganz allgemein spreche, der andere weiß, worum es sich dreht: Einem Menschen, der noch nie Musik gehört hat, kann ich mit Worten nicht erklären, was das ist, Musik.
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Einstein, A. (1992). Nachwort. In: Die Romantik in der Musik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03422-9_20
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03422-9_20
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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Online ISBN: 978-3-476-03422-9
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