Bruckner, (Josef) Anton

Zusammenfassung

Nach der Wiener Erstaufführung von Br.s Siebenter Symphonie am 21. März 1886 schrieb Eduard Hanslick in der Neuen Freien Presse: »Ich bekenne unumwunden, daß ich über Br.s Symphonie kaum gerecht urteilen könnte, so unnatürlich, aufgeblasen, krankhaft und verderblich erscheint sie mir. Wie jedes größere Werk Br.s enthält die E-Dur-Symphonie geniale Einfälle, interessante, ja schöne Stellen — hier sechs, dort acht Takte -, zwischen diesen Blitzen dehnt sich aber unabsehbares Dunkel, bleierne Langeweile und fieberhafte Überreizung.« Diese Kritik an einem Werk, das dem 62jährigen Br. nach jahrelangem Kampf und manchen Demütigungen endlich den Durchbruch brachte, ist so recht nur verständlich aus der Polemik zwischen Wagnerianern und Anhängern des musikalischen Klassizismus, die im deutschen Sprachraum mit der Schärfe einer weltanschaulichen Kontroverse geführt wurde. Hanslick, der profilierteste Kopf der Anti-Wagner-Partei und Freund von Brahms, hatte in seiner programmatischen Abhandlung Vom Musikalisch-Schönen (Lpz. 1854) der ›Gefühlsästhetik‹ das Ideal einer autonomen Musik entgegengesetzt, die ohne Bezugnahme auf außermusikalische Vorstellungen nur aus ihrer inneren Logik verständlich sein müsse. So sehr Hanslick sein Ideal in der Musik von Beethoven und Brahms erfüllt sah, so wenig konnte er der ganz anders gearteten, anscheinend vorbildlosen Kunst Br.s gerecht werden.