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Homosexualität und Krankheit

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Männerliebe

Zusammenfassung

Alfred Tutein, der homosexuelle Lebensgefährte des Komponisten Gustav Anias Horn in Hans Henny Jahnns Roman Fluß ohne Ufer, stirbt an einer profanen Krankheit: „Vom Regen durchnäßt und in den Tümpel gefallen.”1 Eine Erkältung also, die wahrscheinlich und von den Freunden unbemerkt eine tödliche Lungenentzündung auslöst. Es ist einer der seltenen Fälle in der Literatur, die Homosexualität thematisiert, daß ein schwuler Protagonist auf so profane Weise zu Tode kommt. Dabei spielen Krankheit und Tod in der ganzen Geschichte dieser Literatur eine bedeutende Rolle. Aber es sind eben in der Regel keine gewöhnlichen Krankheiten, die die schwulen literarischen Figuren befallen, sondern solche, die in mehr oder weniger deutlichem Zusammenhang mit ihrer Homosexualität stehen. Schon Enkidu, der Gefährte des mythischen Helden Gilgamesch, stirbt an einer unerklärbaren Krankheit, die ihm die rachsüchtige Göttin Ischtar aus Eifersucht anhext. Der Fiebertod von Christian, dem Jugendgeliebten Rolands in Guido Bachmanns Roman Gilgamesch wird mitten in der bürgerlich-trivialen Gegenwartswelt Berns ausgelöst durch einen mystischen Faustschlag des dämonischen Ruben. Und auch Alfred Tuteins Krankheit ist nicht so profan wie sie erscheint: Die beiden Freunde haben, um symbiotische Wünsche des Ineinander-Aufgehens zu realisieren, einen Blutaustausch vornehmen lassen, aus dem Tutein körperlich geschwächt hervorgeht.

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Anmerkungen

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Popp, W. (1992). Homosexualität und Krankheit. In: Männerliebe. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03403-8_14

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03403-8_14

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