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Thomas Bernhards poetische Rezeption der Philosophie Pascals und Kierkegaards

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Zusammenfassung

In einem Beitrag zum Band Erste Lese-Erlebnisse nennt Thomas Bernhard als die beiden für ihn fundamentalen Erkenntnisse die Einsicht in »die Unmöglichkeit, die Wahrheit zu sagen und (oder) die Unfähigkeit, die menschliche Existenz zu überwinden.«1 Damit ist zweierlei vorausgesetzt: ein emphatischer Begriff von Wahrheit und eine Ontologie des falschen Zustands. Diese beiden Grundeinsichten hängen eng miteinander zusammen, was Thomas Bernhard durch Nachsetzen des »oder« in Klammern andeutet. Unter der Voraussetzung einer sich ständig der Formulierbarkeit entziehenden Wahrheit erscheint das Wirkliche und Sagbare als das Falsche. Diese Ontologie des falschen Zustands2 ist das grundlegende Thema und Motiv im gesamten Werk Thomas Bernhards und als positive Wahrheit zugleich philosophische Prämisse seines Schreibens. Unter dem Oberbegriff der Ontologie des falschen Zustands können auch die meisten Anleihen Bernhards bei Philosophie- und Literaturgeschichte zusammengefaßt werden. In dem eingangs zitierten Text heißt es weiter:

»Die Welt als Wille und Vorstellung des Schopenhauer aus Frankfurt und die Gedichte des Christian Wagner aus Maulbronn waren, geistesentscheidend, die ersten Bücher, die ich (heimlich und freiwillig im Arbeitszimmer meines Großvaters mütterlicherseits) gelesen und studiert habe. Alle Bücher, die ich von da an bis heute gelesen und studiert habe, sind, so oder so, wie diese zwei Bücher: die Unmöglichkeit, die Wahrheit zu sagen und (oder) die Unfähigkeit, die menschliche Existenz zu überwinden.« (WG 170)3

»Wir wissen es alle in einzelnen Augenblicken, wie die weitläufigsten Anstalten unseres Lebens nur gemacht werden, um vor unserer eigentlichen Aufgabe zu fliehen […]: weil es uns nötiger scheint, nicht zur Besinnung zu kommen. Allgemein ist die Hast, weil jeder auf der Flucht vor sich selbst ist; allgemein auch das scheue Verbergen dieser Hast; […] allgemein das Bedürfnis nach neuen klingenden Wort-Schellen, mit denen behängt das Leben etwas Lärmend-Festliches bekommen soll.«

»Es geht geisterhaft um uns zu, jeder Augenblick des Lebens will uns etwas sagen, aber wir wollen diese Geisterstimme nicht hören. Wir fürchten uns, wenn wir allein und stille sind, daß uns etwas ins Ohr geraunt werde, und so hassen wir die Stille und betäuben uns mit Geselligkeit.«

(Nietzsche, Schopenhauer als Erzieher 323f.)

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Klug, C. (1991). Thomas Bernhards poetische Rezeption der Philosophie Pascals und Kierkegaards. In: Thomas Bernhards Theaterstücke. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03378-9_2

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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