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Drama Liebe pp 113–122Cite as

Der Stand Der Dinge

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Zusammenfassung

Steht im bürgerlichen Trauerspiel “Emilia Galotti” vor allem die innere semantische Problematik von Liebe und Empfindsamkeit im Mittelpunkt, so bearbeitet “Kabale und Liebe” mehr als ein Jahrzehnt später alle wesentlichen, in der literarischen Tradition zuvor thematisierten Diskurskonflikte zwischen Allianz, Empfindsamkeit und Liebe in einem einzigen Modell. Schillers bürgerliches Trauerspiel resümiert die historische Situation, die sich als Folge der neuen diskursiven Entwicklungen ergeben hatte, radikaler und umfassender als fast alle früheren Dramen im weiteren Umfeld des Genres. Die eher leisen Töne von Lessings genreprägenden Stücken, an die “Kabale und Liebe” bis ins Detail anknüpft, steigern sich in Schillers Drama zu schriller Furiosität. Nahezu alle aus der literarischen Geschichte bekannten Motive des Liebestopos sind kombiniert im Geflecht einer höchst komplexen, tempobetonten Handlung. Da steht Allianz gegen Liebe, Liebe gegen Empfindsamkeit, höfische Welt gegen familiäre Sphäre, Adel gegen Bürgertum, ständische Ehre gegen weibliche, der galante gegen den empfindsamen Liebescode, Lüge gegen Wahrheit, Wahrhaftigkeit gegen Intrige - mit den entsprechenden Figurenoppositionen. Viele Elemente aus der literarischen Tradition des Liebesdiskurses tauchen wieder auf: die Idyllensehnsucht, das Fluchtmotiv, das Motiv des gemeinsamen Todes als Erfüllung der Liebesgemeinschaft, manche Metapher.

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Notizen

  1. Kritik in der “Litteratur- und Theater-Zeitung vom 28. August 1784, in: Henning, 1976, S. 180.

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  2. Kaiser (1984, S. 13) bemerkt, daß sich hier “Umrisse aristokratischer Lebensordnung” zeigen: “Die Ehe wird nach Interessen geschlossen; Leidenschaft, ‘passion’ hat ihr Feld außer der Ehe, sei es in der adligen Liaison; sei es im Verhältnis mit der Maitresse, sei es im Zugriff auf Frauen der unteren Schichten, die vom Hof oder vom adligen Herrn abhängig waren.” Siehe auch Geißler, 1982, S. 82.

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  3. Geißler (1982, S. 83) spricht zunächst “die empfindsame Liebe als freie Liebesentscheidung” an, mystifiziert dann aber diese historische Anmerkung mit der Maßgabe, diese Liebe stoße “zum ewigen und von Gott gegebenen Wesen des Menschen vor”. Die vor dem Hintergrund der Semantikentwicklung durchaus zutreffende Metapher von der ‘Göttlichkeit der Liebe’ (ebd.) ist so wörtlich genommen, womit die wesentliche kulturhistorische Erkenntnis wieder nivelliert wird.

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  4. Keineswegs also will Miller Luise grundsätzlich glauben machen, “daß Liebe Frevel sei”, wie Janz (1976, S. 225) feststellt. Auch Kaiser, der Miller durchaus als (1984, S. 18) “hochempfindsam” charakterisiert, konstatiert hier fälschlich 201C;Millers betontes Unverständnis für moderne Subjektivität, seelenhafte Liebe und Bildung”.(1984, S. 18)

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  5. Herrmann (1984, S. 242) bemerkt hier: “Die soziale Ortlosigkeit und Isoliertheit Ferdinands bestimmt den Charakter dieser Liebe.201D;

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  6. Die zum Verständnis des Stücks unverzichtbare Differenzierung der Diskurse von familiärer Empfindsamkeit und empfindsamer Liebe werden in Deutungen wie derjenigen Gruenters (1981, S. 220f.) verwischt, der die Liebe zwischen Ferdinand und Louise allein als empfindsames Modell deutet. Gruenter übersieht die Elemente empfindsamer Sozialität im Verhältnis Millers zu Louise.

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  7. Ungewöhnlich ist hier schon die ausführliche Berufsbezeichnung im Personenverzeichnis (“Stadtmusikant, oder wie man sie an einigen Orten nennt, Kunstpfeifer201D;), die den sozialen Status Millers in der Ständegesellschaft des 18. Jahrhunderts beschreibt. Siehe hierzu Herrmann, 1984, S. 224f.

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  8. Diesen wesentlichen Aspekt hat die Forschung meist übersehen (siehe etwa Janz, 1976, S. 224).

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  9. Hiebels These von Mißverstehen und Sprachlosigkeit im bürgerlichen Trauerspiel (Hiebel, 1983) gewinnt so im Licht diskursanalytischer Rekonstruktion ein anderes Fundament.

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  10. Michelsen (1984, S. 220–222) verkennt - auf der Suche nach einer “radikal gestellten Frage, die die gesellschaftlichen Verhältnisse im Kern angriffe” (220) - die komplexe Struktur des Textes, durch die allein die Problematik der Diskurswidersprüche ästhetisch bearbeitet werden kann. Hier liegt die gesellschaftliche Radikalität von “Kabale und Liebe”. Michelsen muß schließlich auf konstruierte Widersprüche im Bewußtsein des Autors zurückgreifen. (Siehe S. 221f.)

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Greis, J. (1991). Der Stand Der Dinge. In: Drama Liebe. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03357-4_8

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03357-4_8

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-00753-7

  • Online ISBN: 978-3-476-03357-4

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