Zusammenfassung
Emma Bovary ist eine Frau von “etwas perverser Natur” und “von falscher Poesie und falschen Gefühlen” urteilte Flaubert über seine Romanheldin. [1] Es gibt AutorInnen, die Emma lächerlich und unerträglich finden, weil es ihr nicht gelingt, sich aus den Klischees bürgerlicher Träume von der romantischen Liebe und dem adligen Leben zu lösen, und weil ihr Protest gegen die kleinbürgerliche Enge in der Provinz, wenn es denn ein Protest ist, nicht auf Überlegung und Kritik basiert, sondern instinkthaft und animalisch verläuft. [2] Emma stellt ihrem Leben in der bürgerlichen Ehe keinen heroischen Gegenentwurf gegenüber, sondern versucht, die Projektionen des Bürgers zu erfüllen. Sie hängt zwar dem Klischee der romantischen Liebe an, aber ohne Indianas Voraussetzung der sexuellen Enthaltsamkeit. Sie ist keine positive Heldin. Sie bewegt sich in einer Welt, in der es weder positive Männerfiguren noch positive Frauenfiguren gibt, und sie ist wie Indiana (Sand), und Faustine (Hahn-Hahn) keine bürgerliche Frau. Als Tochter eines Bauern, im Kloster erzogen, mit einem Landbürger von bäurischem Zuschnitt verheiratet, strebt sie nach der Verwirklichung eines vom Adel abgeklatschten Lebens, nach den Rollen der Geliebten, Mätresse und Luxusdame. Den bürgerlichen Romanfiguren erscheint sie zum Schluß als Dämonin, so teuflisch und verführerisch, wie seit dem 18. Jahrhundert der Hofadel. Emma muß auch nicht mehr im individuellen Kampf der Geschlechter verführt werden, denn sie hat ihre Verführung bereits als gegeben verinnerlicht.
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Lehmann, C. (1991). Die Imaginierte. In: Das Modell Clarissa. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03352-9_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03352-9_8
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-00748-3
Online ISBN: 978-3-476-03352-9
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