Zusammenfassung
Daß sich die moderne Phantastik wesentlich aus den Quellen der »gothic novel« und der »schwarzen Romantik« speist, ist hinlänglich erwiesen. Im Rahmen dieser Ausführung wird darum nicht mehr auf diese grundsätzlichen Herleitungsprozesse eingegangen. Worauf es hier ankommen soll, ist die Verdeutlichung eines Themenkreises dieser Texte: nämlich die spezifische Form ihrer Darstellung von Zeit- und Raumstrukturen als vorwiegend architektuell konnotierter Bewegungsraum, sowie deren Auswirkungen auf die Subjekte des Erzählinhalts. Folgende These steht dabei im Zentrum der Überlegungen: das für das Textkonvolut der modernen deutschen Phantastik als essentiell und handlungstragend behauptete Motivfeld des architektonisch chiffrierten Bewegungsraurns hat seine direkten literarischen Wurzeln in den Traditionen der »gothic novel«. In ihr ist der literarische Bewegungsraurn zum ersten Mal vom Ornament zum Handlungsträger geworden. In notwendig verkürzten Bemerkungen soll also im folgenden gezeigt werden, daß die Motivkategorie des gestörten Bewegungsraums bereits für die Anfänge der phantastischen Gattungsgeschichte einen inhaltlichen Stellenwert hat, der zum Zentrum dieser Texte führt.
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Anmerkungen
II.I. Zeit- und Raumstrukturen in Texten der »gothic novel«
Karl Maurer: Ästhetische Entgrenzung und Auflösung des Gattungsgefüges in der europäischen Romantik und Vorromantik, in: Hans Robert Jauss (Hrg): Die nicht mehr schönen Künste, München 1968, S. 326.
Während Jakob Brauchli Walpoles Roman als schlichtes »Langeweile-Produkt« abqualifiziert (Jakob Brauchli: Der englische Schauerroman um I800, Zürich 1929, S. 9), billigt Gerhard Bierwirth dem Verfasser ein »schlaues«, »kunstvolles« Konzept zu (Gerhard Bierwirth: Die Problematik des englischen Schauerromans, Fft/M. 1970, S. 99).
Horace Walpole: Vorrede, in: Ders: the Castle of Otranto, Scholartis Press, London 1929.
Friederike Lichius: Schauerroman und Deismus, Fft/M. 1978, S. 101.
Charles Robert Maturin: Melmoth, London 1968, S. 192.
Ann Radcliffe: The Mysteries of Udolpho (1794), London 1970, S. 227.
Matthew Gregory Lewis: The Monk (1796), London-New York 1959.
Edgar Allan Poe: The Fall of The House Of Usher (1839), in: Tales, edited: John H. Ingram, Leipzig 1884, S. 179.
Jürgen Klein: Der gotische Roman und die Ästhetik des Bösen, Daimstadt 1975, S. 243.
William Godwin: The Adventures Of Caleb Williams, New York 1965.
Devendra P. Varma: The Gothic Flame, New York 1966, S. 216f.
S.G.M. Trevelyan: Illustrated English Social History, Harrnondsworth 1973, vgl. S. 242f.
Vgl. E.N. Williams: The Ancien Regime In Europe, Harmondsworth 1972, S. 512f.
II.2. Zeit- und Raumstrukturen in Texten der »Schwarzen Romantik«
Allerdings, wie Leopoldseder ausführt, um Motive aus »Ritter, Räuber und Abenteuerroman« des 18. Jahrhunderts erweitert. Hannes Leopoldseder: Groteske Welt, Bonn 1973, S. 56.
E.T.A. Hoffmann: Das Majorat, Sämtliche Werke, Bd. III, Leipzig/Wien 1912, S. 196f.
Bram Stoker: Dracula (1897), Fft/M. 1988. Auch hier ist der Zweck der Reise »das Geschäft«, auch hier wird die Reisezeit »schnell« überbrückt. Ebenso stellt das Dorf den Kippunkt zwischen vertrauter und fremder Welt dar.
Vgl. K Kautsky: Die Agrarfrage, Stuttgart 1899, S. 200.
E.T.A. Hoffmann: Die Elixiere des Teufels, Sämtliche Werke, Bd. II, München/Leipzig 1912, vgl. S. 52f.
E.T.A. Hoffmann: Der poppeitgänger, Späte Werke, München 1965, vgl. S. 472, 477.
Otto Nipperdey: »Wahnsinnsfiguren« bei E.TA. Hoffmann (Diss. phil.), Köln 1957.
Georg Reudilein: Bürgerliche Gesellschaft, Psychiatrie und Literatur, München 1986, S. 278.
ebd. S. 300f.
Vgl. Ludwig Tieck: William Lovell, Werke in vier Bänden, Bd. 1: Frühe Erzählungen und Romane, Darmstadt 1963, S. 235–698. Der Blonde Eckbert, Werke in vier Bänden, Bd. 2: Märchen aus dem Phantasus, Dramen, Darmstadt 1963, S. 7–26.
Marianne Thalmann: Romantiker entdecken die Stadt, München 1965, S. 77ff.
Cord Meckseper/Elisabeth Schraut (Hrg): Die Stadt in der Literatur, Göttingen 1983, S. 13.
Karl Riha: Die Beschreibung der großen Stadt, Bad Homburg/Berlin/Zürich 1970, S. 135.
Vgl. Richard Alewyn: Probleme und Gestalten. Essays, Fft/M. 1974.
Marek Jaroszewski/Marek Widrnuch: Das Phantastische in ETA. Hoffmanns Novelle: Das öde Haus, in: Germanica Wratislaviensia, Nr. 27 (1976), S. 134.
ebd. S. 135.
E.T.A. Hoffmann: Die Serapionsbrüder, Datmstadt 1963, S. 31.
E.T.A. Hoffmann: Der Elementargeist, Späte Werke, München 1965, S. 383.
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Berg, S. (1991). Zett- und Raumstrukturen in Literarischen Vorläufern der Deutschen Phantastik des 20. Jahrhunderts. In: Schlimme Zeiten, böse Räume. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03350-5_3
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