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Vom möglichen Nutzen des Philologen

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Zusammenfassung

Die Gestalt, in der Philologen am häufigsten auftreten, ist die des Pädagogen. Von ihm schreibt sich der Pedant her, obwohl dem Pädagogen, heutzutage, der Ruf des Pedanten weniger anhängt als einem, der historisch-kritische Ausgaben herstellt, Kommentare schreibt oder sonst den Leser, der nicht selbst Philologe ist, durch Subalternes belustigt, langweilt oder verstimmt. Der Pädagoge entwächst der philologischen Schule, die er durchläuft, in dem Maß, wie sein Umgang mit Literatur von den Bedürfnissen der Lehre geprägt wird. Das gilt von allen, die das Gewerbe selbst verlassen, also nicht an Hochschulen und Forschungsstätten arbeiten, sondern als Dramaturgen, Lektoren, Redakteure, Journalisten, Kritiker oder Schriftsteller. Vielleicht, daß Übersetzer noch Philologen bleiben, wenn sie es je einmal waren; die Masse des schlecht Übersetzten läßt aber annehmen, daß sie es nicht sind — in der Regel, jedenfalls keine guten.

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Anmerkungen

  1. Vgl. T. S. Eliot: The Use of Poetry and the Use of Criticism. London 1955:29

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  2. und On Poetry and Poets. New York 1961:117 (hier auch p. 3 und p. 17). S.O.S. 25f., Anm. 8 und 9.

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  3. Siehe Helmut Koopmann: Das Junge Deutschland, Analyse eines Selbstverständnisses. Stuttgart 1970:43f. und Kap. V, bes. S. 137–149 (über das Verhältnis zu Goethe).

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  4. Zu denken ist an Johannes Bobrowski. So gelungen seine reifen Oden sind, so fragwürdig erscheinen die Doppeldistichen seiner Sammlung Literarisches Klima. In J. B.: Gesammelte Werke, ed. E. Haufe. I (Berlin 1987):231–253.

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  5. Introduction zu Ezra Pounds Selected Poems. London 1948:10.

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  6. Eliot schreibt über den Dichter: »[…] wir werden häufig finden, daß nicht nur die besten, sondern die eigentümlichsten Teile seines Werkes jene sein können, in denen die toten Dichter, seine Vorfahren, ihre Unsterblichkeit am kräftigsten behaupten« (p. 14). »In einem besonderen Sinn wird ihm bewußt sein […], daß er unvermeidlich nach dem Maßstab der Vergangenheit beurteilt werden muß. Ich sage beurteilt, nicht verstümmelt […]« (p. 15). Selected Essays. London 1953.

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  7. Gottfried Benn: Gesammelte Werke, ed. D. Wellershoff. I (Wiesbaden 1959):586f. Vgl. O.S. 49, Anm. 17.

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  8. Hölderlin: Sämtliche Werke. Große Stuttgarter Ausg., ed. F. Beißner. V (Stuttgart 1952): 195.

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  9. Vgl. Klaus Laermann: Lacancan und Derridada. Über die Frankolatrie in den Kulturwissenschaften. In: Kursbuch 84 (März 1986): 17–33.

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  10. Philologen, die sich gern mit dem Namen eines Literatur ›wissenschaftlers‹ schmücken, beziehen ihr Ideal von Wissenschaftlichkeit mit Vorliebe aus anderen Disziplinen. Besonders beliebt ist z. Zt. die Philosophie, zumal in solchen ihrer Vertreter, die sich mit der Exegese von Literatur befassen. Ein schönes Beispiel ist dies: »Die versuchsweise praktizierte Textgnosis […] ersetzt die Konsumtions-hypostasierung — Vorgabe der Nachträglichkeit der Sättigungs-ataraxie (›voluptative‹ Erschöpfung) als Subjektivitätsautonomie (das also war es/das also bin ich) durch die reproduktiv-produktive Einlassung in den gebrochenen Produktionsgrund (Atopie der ›Einbildungskraft‹ o.ä.) selber.« Rudolf Heinz: Von der Depotenzierung der Hermeneutik und/oder der Psychopathologie. Franz Kafka: Gespräch mit dem Beter. In: Fragmente. Schriftenreihe zur Psychoanalyse. 2/3 (März 1982): 168. Kaum ein germanistisches Seminar, in dem sich diese Kultur nicht ausbreitet.

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  11. 1920 schrieb Thomas Mann einem deutschen Gymnasiallehrer, was ihm als Ziel der Spracherziehung an den Schulen erschien: »sich in seiner Muttersprache gehörig, das heißt rein, treffend, mit einiger Unmittelbarkeit und also auch nicht ohne all und jede Anmut auszudrücken« (S. 860). Weiter heißt es: »Liebe zur Sache, Passion für die Sache, Erfülltheit von ihr ist die Quelle alles formalen Glanzes, und Sachlichkeit ist ein Begriff, von dem der Pädagoge auszugehen hat, der die Jugend eines unrhetorischen Volkes zum schönen Ausdruck zu erziehen wünscht. Es gilt dabei, das nationale Vorurteil zu brechen, daß Sachlichkeit und Schönheit einander ausschlössen, —ein Vorurteil, das auf dem Mißverständnis beider Teile beruht. Denn Sachlichkeit ist nicht Lieblosigkeit und Schönheit nicht rhetorischer Schwulst.« (S. 863) Th. M.: Gesammelte Werke X. Frankfurt/M. 21974.

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  12. Vgl. Ulrich Suerbaum: Der deutsche Shakespeare. Übersetzungsgeschichte und Übersetzungstheorie. In Kenneth Muir und Samuel Schoenbaum (edd.): Shakespeare. Stuttgart 1972:259–288, bes. S. 272f.

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  13. Vgl. Jürgen P. Wallmann: Abziehbilder der Wirklichkeit. Neue Gedichte von Johannes Schenk (Café Americain [sic], 1985). In: Der Tagesspiegel (Berlin), 28. 7. 1985.

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Behrmann, A. (1991). Vom möglichen Nutzen des Philologen. In: Philologische Praxis I. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03334-5_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03334-5_4

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