Zusammenfassung
Der Erzähler Schiller ist immer auch Historiker, Philosoph und Publizist. [2] Was für das Prosawerk insgesamt gilt, trifft ähnlich schon für die ersten literarischen Entwürfe der Stuttgarter Zeit zu. Bereits Der Spaziergang unter den Linden und Eine großmütige Handlung, aus der neusten Geschichte [3], zwei Erzählgebilde, die der junge Regimentsmedikus im ersten und zweiten Stück des von ihm und einigen Freunden 1782/83 herausgegebenen Wirtembergischen Repertoriums veröffentlicht, bezeugen das Miteinander historischer, philosophischer und publizistischer Interessen. Bezeichnenderweise ist es Schiller selber, der (vorbereitet durch seine journalistische Nebentätigkeit als Redakteur eines anspruchslosen Stuttgarter Lokalblattes) im programmatischen Vorbericht Gegenstand und Zielsetzung des neuen Provinzialorgans reflektiert. Entsprechend der redaktionellen ›Hauptabsicht‹ der Sammlung, die durchaus konventionell auf die »Ausbildung des Geschmacks, angenehme Unterhaltung und Veredlung der moralischen Gesinnungen« abzielt, stellt er zunächst die drei Themenbereiche des Repertoriums vor: »Die Gegenstände der Abhandlungen sind (…) allein aus der Philosophie, Ästhetik und Geschichte.« [5] Ihre Auswahl ebenso wie ihre publizistische Vermittlung soll sich seinen Vorstellungen gemäß an den Interessen und Bedürfnissen »des größten Teils der Lesenden« [6] orientieren. Die im Anschluß entworfene Skizze der einzelnen Teilbereiche beleuchtet zumindest vorläufig auch die Auffassung des jungen Publizisten von Geschichte und Philosophie: »Was von Historie erscheinet«, so heißt es dort, »ist entweder aus der Geschichte der Menschheit, des Vaterlandes oder eines ehrwürdigen Charakters und wird nicht sehr bekannt sein.
Vgl. Schiller, Friedrich: Der Spaziergang unter den Linden. In: NA Bd. 22, S. 74–79; hier S. 76
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Anmerkungen
Vgl. hierzu etwa Mayer, Hans: Die Erzählungen. In: Ders.: Zur deutschen Klassik und Romantik. Pfullingen 1963, S. 147–164; hier S. 148f.
Schiller, Friedrich: Eine großmütige Handlung, aus der neusten Geschichte. In: NA Bd. 16, S. 3–6
Schiller, Friedrich: Wirtembergisches Repertorium. Vorbericht. In: NA Bd. 22, S. 73–74
Schiller: Vorbericht, S. 73
op. cit., S. 73
op. cit., S. 73
Wie man weiß, gehörte Plautus zur bevorzugten Lektüre des jungen Schiller. Vgl. etwa Thalheim, Hans-Günther: Der junge Schiller. Historische Voraussetzungen und weltanschaulich-künstlerische Entwicklung von 1759–1780. Habil.-Schrift (Masch.) Berlin/DDR 1961, S. 283
Schiller: Vorbericht, S. 74
Auch zur Ästhetik, dem dritten der im Vorbericht angekündigten Gegenstandsbereiche, liefert Schiller eigene Beiträge. Neben einigen Rezensionen ist hier vor allem sein Aufsatz Über das gegenwärtige teutsche Theater zu erwähnen.
Notizen
Über den philosophischen Dialog informieren u.a. Hirzel, Rudolf: Der Dialog. Ein literarhistorischer Versuch. Bd. 1. 2. Leipzig 1895; und Winter, Hans-Gerhard: Dialog und Dialogroman in der Aufklärung. Mit einer Analyse von J.J. Engels Gesprächstheorie. Darmstadt 1974.
Vgl. hierzu Simon, Philipp: Schillers ›Spaziergang unter den Linden‹. In: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen. Vossische Zeitung für das Jahr 1909. Sonntagsbeilage Nr. 15, S. 115–118; hier S. 117
Schiller: Spaziergang, S. 74.
op. cit., S. 74
op. cit., S. 74
Kraft, S. 40f.
Schiller: Spaziergang, S. 74
Kraft, S. 42
Ein Charakteristikum der ›gebundenen Gesprächsform‹, wie Gerhard Bauer sie etwa in der französischen Klassik dominieren sieht. (Bauer, Gerhard: Zur Poetik des Dialogs. Leistung und Formen der Gesprächsführung in der neueren deutschen Literatur. Darmstadt 1969; hier S. 30)
Schiller: Spaziergang, S. 74
op. cit., S. 74
op. cit., S. 74
op. cit., S. 74
op. cit., S. 74f.
So schon mit Blick auf die frühen Gedichte Schillers: Keller, Werner: Das Pathos in Schillers Jugendlyrik. Berlin 1964, S. 78 [Um eine Präzisierung der Stilfrage auch des jugendlichen Prosaisten zeigt sich allein Varneys frühe Dissertation Schiller als Erzähler, bemüht, die von der späteren Forschung offenbar kaum zur Kenntnis genommen worden ist. Ohne freilich den Spaziergang einer gesonderten Sprachanalyse zu unterziehen, beschreibt sie bereits wesentliche Eigentümlichkeiten (Satzbau, Bildlichkeit, rhetorische Figuren, Rhythmus etc.) im Personalstil des Schillerschen Erzählens. (Vgl. Varney, Friedrich: Schiller als Erzähler. Phil. Diss. Münster. Unna 1915, S. 86ff.)]
Schiller: Spaziergang, S. 74f. Wie die Forschung mehrfach belegt hat, steht Wollmar mit diesen Vorstellungen nicht allein. Vor allem Werthers Brief vom 18. August 1771 konnte als Vorbild ausfindig gemacht werden. (Vgl. Minor, Jakob: Schiller. Sein Leben und seine Werke. Bd. 1. Berlin 1890, S. 501; oder Weltrich, Richard: Friedrich Schiller. Geschichte seines Lebens und Charakteristik seiner Werke. Bd. 1. Stuttgart 1899, S. 591)
Schiller: Spaziergang, S. 75
op. cit., S. 75
op. cit., S. 75
op. cit., S. 75
Desné, Roland: Les matérialistes français de 1750 à 1800. Paris 1965, S. 74
Schiller: Spaziergang, S. 75
Vgl. hierzu vor allem die Arbeiten von Böckmann, Paul: Die pathetische Ausdrucksform in Schillers Jugenddramen. In: Ders.: Formgeschichte der deutschen Dichtung. Bd. 1: Von der Sinnbildsprache zur Ausdrucks spräche. 2. Aufl. Hamburg 1965, S. 668–691; und Wacker, Manfred: Schillers ›Räuber‹ und der Sturm und Drang. Stilkritische und typologische Überprüfung eines Epochenbegriffs. Göppingen 1973; sowie die bereits erwähnte Arbeit Kellers.
Vgl. Keller, S. 29
Vgl. hierzu Hof, Walter: Pessimistisch-nihilistische Strömungen in der deutschen Literatur vom Sturm und Drang bis zum Jungen Deutschland. Tübingen 1970
Schiller: Spaziergang, S. 75
op. cit., S. 75
op. cit., S. 75
op. cit., S. 75
op. cit., S. 75
Schiller, Friedrich: Briefe über Don Karlos. In: NA Bd. 22, S. 137–177; hier S. 174
op. cit., S. 174
In diesem Sinne deutet etwa Weißenfels Wollmars Beobachtung (Schillers Sämtliche Werke. Säkular-Ausgabe. Bd. 2, S. 408)
Schiller: Spaziergang, S. 75
Schiller: Briefe über Don Karlos, S. 174
Schiller: Spaziergang, S. 75
op. cit., S. 75
op. cit., S. 75
op. cit., S. 75
op. cit., S. 75
op. cit., S. 75f.
op. cit., S. 76
op. cit., S. 76
op. cit., S. 76
op. cit., S. 75
op. cit., S. 76
op. cit., S. 76
Vgl. Rehm, Walter: Experimentum medietatis. München 1947, S. 19
Shakespeare, William: Hamlet, Prinz von Dännemark. In: William Shakespear’s Schauspiele. Neue Ausgabe. Von Joh(ann) Joach(im) Eschenburg. Bd. 12. Zürich 1777, S. 159–350; hier S. 325 (Vgl. auch NA Bd. 22, S. 370)
op. cit., S. 326
Schiller: Spaziergang, S. 76
op. cit., S. 76
Shakespeare: Hamlet, S. 326
Schiller: Spaziergang, S. 75
Shakespeare: Hamlet, S. 326
op. cit., S. 326
op. cit., S. 326
Vgl. Schiller: Spaziergang, S. 76
Schiller: Spaziergang, S. 76
Vgl. Arendt, Dieter: Der ›poetische Nihilismus‹ in der Romantik. Studien zum Verhältnis von Dichtung und Wirklichkeit in der Frühromantik. Bd. 1. Tübingen 1972, S. 83
Hierzu ausführlicher Hof, S. 65 f.
Schiller: Spaziergang, S. 76
Vgl. Buchwald, Reinhard: Schiller. Leben und Werk. 4. Aufl. Wiesbaden 1959, S. 180
Schiller, Friedrich: Versuch über den Zusammenhang der thierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen. In: NA Bd. 20, S. 37–75; hier S. 41 f.
Vgl. zum Versuch ausführlich Riedel, Wolfgang: Die Anthropologie des jungen Schiller. Zur Ideengeschichte der medizinischen Schriften und der ›Philosophischen Briefe‹. Würzburg 1985, S. 100ff.
Schiller: Versuch, S. 41
op. cit., S. 40
op. cit., S. 39
Vgl. hierzu Wiese, S. 100ff.
Schiller: Versuch, S. 75
op. cit., S. 75
op. cit., S. 75
Über die Unsterblichkeitsdiskussion informieren Benz, Ernst: Die Reinkarnationslehre in Dichtung und Philosophie der deutschen Klassik und Romantik. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 9 (1957) H. 1, S. 150–175; und Unger, Rudolf: Zur Geschichte des Palingenesiegedankens im 18. Jahrhundert. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 2 (1924) H. 2, S. 257–274
Unger, S. 269
Schiller: Spaziergang, S. 76
Desné, S. 95
op. cit., S. 145
Vgl. hierzu op. cit., S. 32
Vgl. Hof, S. 20
Hof, S. 41. Die Problematik einer idealtypischen Unterscheidung von ›kategorischer‹ und ›hypothetischer‹ Weltsicht, wie Hof sie vorschlägt, kann in diesem Zusammenhang nicht verfolgt werden. Freilich liegt auf der Hand, daß sie dazu neigt, die konkrete Geschichtlichkeit des Entwicklungsprozesses auszublenden.
Wollf, Karl: Schiller und das Unsterblichkeitsproblem. München 1910, S. 8 (Unverständlicherweise nimmt die kenntnisreiche Studie Riedels die Arbeiten Sulzers und ihre Bedeutung für den jungen Schiller nicht zur Kenntnis.)
Sulzer, Johann George: Gedanken über einige Eigenschaften der Seele, in sofern sie mit den Eigenschaften der Materie eine Aehnlichkeit haben, zur Prüfung des Systems des Materialismus. (Vom Jahre 1771). In: Ders.: Vermischte Philosophische Schriften (…). 2. Aufl. Leipzig 1782, S. 349–377; Sulzer, Johann George: Ueber die Unsterblichkeit der Seele, als ein Gegenstand der Physik betrachtet. In: Ders.: Vermischte Schriften. Eine Fortsetzung der vermischten philosophischen Schriften desselben. (…) Leipzig 1781, S. 1–84 (Vgl. zu Sulzer auch Wollf: Unsterblichkeitsproblem, S. 11)
Vgl. Schiller, Friedrich: Philosophie der Physiologie, In: Na Bd. 20, S. 10–29; hier S. 19
Wollf: Unsterblichkeitsproblem, S. 42
Hier wie im folgenden wird die deutsche Fassung zitiert.
Sulzer: Gedanken über einige Eigenschaften der Seele, S. 377
Sulzer: Ueber die Unsterblichkeit der Seele, S. 5
op. cit., S. 5f.
op. cit., S. 80
op. cit., S. 23
op. cit., S. 46
op. cit., S. 78
op. cit., S. 78
op. cit., S. 78
op. cit., S. 23
op. cit., S. 78
op. cit., S. 78
Schiller: Spaziergang, S. 76
op. cit., S. 76
op. cit., S. 76
Schiller: Philosophie der Physiologie, S. 12
Mendelssohn, Moses: Phaedon oder über die Unsterblichkeit der Seele in drey Gesprächen. In: Ders.: Schriften zur Philosophie und Ästhetik. Bearbeitet von Fritz Bamberger und Leo Strauss. Berlin 1932 (= Gesammelte Schriften. Jubiläumsausgabe. Bd. 3,1), S. 5–128; hier S. 79f.
Schiller: Spaziergang, S. 76
op. cit., S. 76
op. cit., S. 76
op. cit., S. 76
op. cit., S. 76f.
Vgl. dagegen Buchwald, S. 294
Schiller: Spaziergang, S. 77
op. cit., S. 77
Keller, S. 100
Vgl. hierzu Keller, S. 103ff.; hier S. 103
Schiller: Spaziergang, S. 77
Vgl. Mähl, Hans-Joachim: Die Idee des goldenen Zeitalters im Werk des Novalis. Heidelberg 1965, S. 26
Bloch, Ernst: Das Prinzip Hoffnung. Frankfurt 1963 (= Gesamtausgabe. Bd. 5), S. 883
Schiller: Spaziergang, S. 77
Vgl. hierzu Henkel, Arthur und Albrecht Schöne: Emblemata. Handbuch zur Sinnbildkunst des 16. und 17. Jahrhunderts. Stuttgart 1967, S. 1453 ff.
Vgl. hierzu Vosskamp, Wilhelm: Emblematisches Zitat und emblematische Struktur in Schillers Gedichten. In: JDSG 18 (1974), S. 388–406; hier S. 401
Schiller: Spaziergang, S. 77
Vgl. Blumenberg, Hans: Schiffbruch mit Zuschauer. Paradigma einer Daseinsmetapher. Frankfurt 1979, S. 61
Blumenberg, S. 9
op. cit., S. 10
op. cit., S. 28
Schiller: Spaziergang, S. 77
op. cit., S. 77
Blumenberg, S. 10
Ähnliche Vorstellungen entwickelt der von Schiller sehr geschätzte Populärphilosoph Christian Garve in seiner Auseinandersetzung mit Epikur. (Garve, Christian: Anmerkungen des Ueberset-Zers. In: Adam Ferguson: Grundsätze der Moralphilosophie. Uebersetzt und mit einigen Anmerkungen versehen von Christian Garve. Leipzig 1772, S. 285–420; hier S. 399 f.
Blumenberg, S. 35
op. cit., S. 35
Schiller: Spaziergang, S. 77 (Zur Kategorie der menschlichen ›Bestimmung‹ vgl. Riedel, S. 165ff.)
op. cit., S. 77
Genau: »die ganze Kraft ihres Daseins« (op. cit., S. 77)
op. cit., S. 77
op. cit., S. 77
op. cit., S. 77
op. cit., S. 77
op. cit., S. 77
Schiller, Friedrich: Der Sturm auf dem Thyrrhener Meer. I. Buch der Aeneide. Eine Übersetzung. In: Ders.: Dramatische Fragmente. Übersetzungen. Bühnenbearbeitungen. Hrsg. v. Gerhard Fricke und Herbert G. Göpfert. 6. Aufl. München 1980 (= Sämtliche Werke. Bd. 3), S. 383–387; vgl. auch den Anhang S. 975f.
op. cit., S. 386
Vgl. hierzu Mähl, S. 58
Mähl, S. 89
Horkheimer, Max und Theodor W. Adorno: Odysseus oder Mythos und Aufklärung. In: Dies.: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. Frankfurt 1971, S. 42–73; hier S. 44
op. cit., S. 71
Vosskamp: Emblematisches Zitat, S. 404 (über Schillers Gedicht Columbus)
Den Begriff übernehme ich von Blumenberg, S. 34
Vgl. Hof, S. 34f.
Horkheimer/Adorno, S. 57
op. cit., S. 42
Vgl. op. cit., S. 57f.
Hof, S. 35
op. cit., S. 34
Schiller: Spaziergang, S. 77
op. cit., S. 78
Jesaja 45,9
Römer 9,20f.
Vgl. hierzu Besterman, Theodore: Voltaire et le désastre de Lisbonne: ou, La mort de l’optimisme. In: Studies on Voltaire and the Eigtheenth Century 2 (1956), S. 7–24; und Korff, Hermann August: Voltaire im literarischen Deutschland des 18. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Geistes von Gottsched bis Goethe. Bd. 1. Heidelberg 1917, S. 215–220
Voltaire (François Marie Arouet): Poème sur le désastre de Lisbonne. In: Ders.: Mélanges. Hrsg. und kommentiert von Jacques van den Heuvel. Paris 1961, S. 301–309
Vgl. Korff, S. 218
Vgl. Besterman, S. 21
(Ewald, Johann Joachim:) Bey Gelegenheit des Erdbebens zu Lissabon. In: Ders.: Lieder und Sinngedichte. o.O. 1757, S. 62–64
op. cit., S. 62f.
Vgl. Simon, S. 117f.
Rousseau, Jean-Jacques: Julie ou La Nouvelle Héloïse. Lettres de deux amants habitants d’une petite ville au pied des Alpes. Hrsg. v. René Pomeau. Paris 1960, S. 673
op. cit., S. 672f.
Simon, S. 117
Wiese, Benno von: Friedrich Schiller. 3. Aufl. Stuttgart 1963, S. 101
Schiller: Spaziergang, S. 78
Kraft, S. 42; vgl. auch Buchwald, S. 294
Schiller: Spaziergang, S. 78
op. cit., S. 78
Varney, S. 92
Schiller: Spaziergang, S. 78
op. cit., S. 78
op. cit., S. 78 (Zur ›Liebesphilosophie‹ des jungen Schiller vgl. etwa Riedel, S. 176ff.)
Vgl. die entsprechende Deutung der Großmütigen Handlung
Schiller: Spaziergang, S. 78
op. cit., S. 74
op. cit., S. 79
Kraft, S. 43. Indem Weltrich allein Wollmar die autobiographische Gebundenheit seines Philosophierens anlastet, erklärt er den Rekurs auf eine enttäuschende Liebeserfahrung kurzerhand zum Symptom pathologischen Denkens und befindet aus einer gleichsam seelenärztlichen Perspektive: »Mit diesem Trumpf bleibt Wollmar scheinbar der Sieger: aber in Wahrheit wird angedeutet, daß Wollmars Lebensansicht weniger in philosophischer Erkenntniß als in persönlichen Schicksalen ihre Quelle hat, daß sein Raisonnement nicht so sehr logisch als vielmehr pathologisch ist; Edwin ist der jugendlich Gesunde, Wollmar der Kranke (…).« (Weltrich, S. 590f.)
Schiller: Spaziergang, S. 79
Martini, Fritz: Schillers Abschiedsszenen. In: Über Literatur und Geschichte. Festschrift für Gerhard Storz Frankfurt 1973, S. 151–184; hier S. 184
op. cit., S. 154
op. cit., S. 154
op. cit., S. 155
Schiller: Spaziergang, S. 79; vgl. hierzu auch Kraft, S. 43
Die Nationalausgabe spricht dem Werk »den Charakter einer grundsätzlichen weltanschaulichen Auseinandersetzung« explizit ab. (NA Bd. 22, S. 369)
Versuche, die Einsicht in die Gattungszugehörigkeit des Spaziergangs über die bloß registrierende Zuordnung hinaus für die Deutung des Werkes fruchtbar zu machen, sind bislang nicht unternommen worden.
Schoeps, Julius H.: Moses Mendelssohn. Königstein 1979, S. 91
Strauss, Leo: Phädon. In: Moses Mendelssohn: Schriften zur Philosophie und Ästhetik. Bearbeitet von Fritz Bamberger und Leo Strauss. Berlin 1932 (= Gesammelte Schriften. Jubiläumsausgabe. Bd. 3,1), S. XIII–XXXIII; hier S. XXV
Böhm, Benno: Sokrates im achtzehnten Jahrhundert. Studien zum Werdegange des modernen Persönlichkeitsbewußtseins. 2. Aufl. Neumünster 1966, S. 220
Strauss, S. XXV f.
Vgl. Böhms Studie
Altmann, Alexander: Moses Mendelssohn. A Biographical Study. Philadelphia 1973, S. 152
op. cit., S. 150
Mendelssohn: Phaedon, S. 87
op. cit., S. 118
op. cit., S. 122
op. cit., S. 123
Ähnliche Probleme wie die im Spaziergang gestalteten reflektiert Schiller — darauf hat die Forschung wiederholt hingewiesen — etwa auch in den Philosophischen Briefen und im Geisterseher noch. (Vgl. neuerdings etwa Riedel, S. 153 ff.)
Notizen
Schiller: Handlung, S. 3
op. cit., S. 3
op. cit., S. 3
op. cit., S. 3
So versteht offenbar Kaiser die Kritik der Einleitung. (Vgl. Kaiser, Gerhard: Der Held in den Novellen ›Eine großmütige Handlung, aus der neuesten Geschichte‹ und ›Der Verbrecher aus verlorener Ehre‹. In: Ders.: Von Arkadien nach Elysium. Schiller-Studien. Göttingen 1978, S. 45–58; hier S. 48)
Schiller: Handlung, S. 3
Adelung, Johann Christoph: Die Anekdote. In: Ders.: Versuch eines vollständigen grammatischkritischen Wörterbuches (…). Bd. 1. Leipzig 1774, Sp. 251
Kraft begreift die Berufung der Erzählung auf die historische Faktizität als »Skepsis gegenüber künstlerischer Leistung« (Kraft, S. 44), deren Entstehen er jenseits aller historischen Vermittlungszusammenhänge »objektiv« — aber hier doch wohl zu abstrakt — mit der »Trivialität« begründet, »zu der die Kunst im Kulturbetrieb« (op. cit., S. 44) verfalle; er problematisiert die Einleitung von Anfang an bereits — ohne ihren Bezug zu den gattungstypologischen Legitimationsbedürfnissen der Zeit zu berücksichtigen — mit dem Argument: »Wie soll indes (…) der Teil das Ganze widerlegen, wo der Unterschied zwischen beiden — dem Faktum und der Faktizität — kein kategorialer ist, das Ganze dem Teil daher aus eigener Kraft gar überlegen?« (op. cit., S. 45)
Schiller: Handlung, S. 3
op. cit., S. 3
op. cit., S. 3
op. cit., S. 3
op. cit., S. 3
op. cit., S. 3f.
op. cit., S. 3f.
op. cit., S. 4
Vgl. zum folgenden auch Borcherdt, Hans Heinrich: Einführung. Eine großmütige Handlung, aus der neusten Geschichte. In: NA Bd. 16, S. 367–372; hier S. 368f.
Schiller: Handlung, S. 4
op. cit., S. 3
Kaiser: Held, S. 50
Kraft erkennt im »Menschenopfer« der Frau die ›objektive Problematik des Werkes. (Kraft, S. 47)
Schiller: Handlung, S. 3
op. cit., S. 4. Schon Minor weist mit Recht darauf hin, daß dieser Konflikt das Denken und Dichten Schillers auch im weiteren prägen wird. (Vgl. Minor, S. 504)
Zitiert nach NA Bd. 21, S. 119
(Abel, Jacob Friedrich:) Beitrag zur Geschichte der Liebe aus einer Sammlung von Briefen. 2 T. Leipzig 1778
(Abel, Jacob Friedrich:) Die grausame Tugend. In: Wirtembergisches Repertorium der Literatur. Eine Vierteljahr-Schrift. 1782 St. 1, S. 1–71
op. cit., S. 4
Zitiert nach NA Bd. 21, S. 124
Schiller, Friedrich: Rede über die Frage: Gehört allzuviel Güte, Leutseligkeit und grosse Freigebigkeit im engsten Verstände zur Tugend? In: NA Bd. 20, S. 3–9 (Im folgenden zitiert als ›1. Karlsschulrede‹)
Schiller, Friedrich: Die Tugend in ihren Folgen betrachtet. In: NA Bd. 20, S. 30–36 (Im folgenden zitiert als ›2. Karlsschulrede‹)
Vgl. Wiese, S. 76–95 (Ähnliche Vorstellungen prägen auch die Theosophie des Julius noch; vgl. hierzu Riedel, S. 154ff.)
Schiller: Spaziergang, S. 78
Schiller: Philosophie der Physiologie, S. 10
op. cit., S. 11
op. cit., S. 11
Schiller: 2. Karlsschulrede, S. 31
Schiller: Philosophie der Physiologie, S. 11
Schiller: 2. Karlsschulrede, S. 32
Schiller: Philosophie der Physiologie, S. 11
Schiller: 2. Karlsschulrede, S. 31
op. cit., S. 32
op. cit., S. 35
Wiese, S. 103
Schiller: 2. Karlsschulrede, S. 35
Schiller: 1. Karlsschulrede, S. 3
op. cit., S. 3
op. cit., S. 6
Abel: Grausame Tugend, S. 31
Ferguson: Grundsätze, S. 227
Schiller: Handlung, S. 4
Kraft, S. 47
So sieht Martini das Werk mit gutem Grund »vom Rhetorischen her bestimmt«. (Martini, Fritz: Der Erzähler Friedrich Schiller. In: Schiller. Reden im Gedenkjahr 1959. Bd. 2. Hrsg. v. Bernhard Zeller. Stuttgart 1961, S. 124–158; hier S. 132)
Schiller: Handlung, S. 4
Zum Problem der erzählerischen Unsicherheit vgl. Kraft, S. 45
Schiller: Handlung, S. 4 (So schon Kaiser: Held, S. 48)
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
Bei der Darstellung des älteren Bruders verfällt Schiller laut Borcherdt in eine »Übertreibung des ›Räuber‹-Stils«. (Borcherdt, S. 369)
Schiller: Handlung, S. 4
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
Die genaue Formulierung lautet: »(…) wie die Pflanze dahinschwindet, die der gewalttätige Europäer aus dem mütterlichen Asien entführt (…).« (op. cit., S. 4)
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
Indem er die Begrüßung der Frau zugunsten der Apostrophe an den Bruder ausspart, dokumentiert der Erzähler erneut sein wesentliches Interesse: Bei aller Liebe des Protagonisten zum Fräulein ist es ihm doch vor allem um den Tugendwettbewerb zu tun.
op. cit., S. 4
op. cit., S. 4
op. cit., S. 5
op. cit., S. 5
op. cit., S. 5
op. cit., S. 5
Vgl. die Formulierung »Kann ich das — Bruder! dann ist sie dein, und der Himmel segne deine Liebe! — Kann ich es nicht — nun dann, so geh auch du hin — und tu ein gleiches.« (op. cit., S. 4) mit der Formulierung: »Bin ich glücklicher als du — in Gottes Namen, so sei sie dein, und der Himmel segne eure Liebe. Bin ich es nicht — nun dann, so möge der Himmel weiter über uns richten!« (op. cit., S. 5)
Vgl. Anm. 80
Schiller: Handlung, S. 4
op. cit., S. 5
Vgl. ähnlich Kaiser: Held, S. 49
Schiller: Handlung, S. 5
op. cit., S. 5
Vgl. Kaiser: Held, S. 49
Schiller: Handlung, S. 5 (Diesen Umstand übersieht Kaiser: Held, S. 48)
Schiller: Handlung, S. 4
op. cit., S. 5
op. cit., S. 5
op. cit., S. 5
op. cit., S. 4
op. cit., S. 5
op. cit., S. 5
op. cit., S. 4
op. cit., S. 5
op. cit., S. 5
Daß die durchaus masochistisch getönte Vorstellung vom Genuß am eigenen Schmerz sich dabei keineswegs momentaner Überspanntheit verdankt, vielmehr allgemeines Gedankengut der Popularphilosophie widerspiegelt, kann etwa J.F. Abel bezeugen. In seinen Philosophischen Säzen über das höchste Gut (1778) empfiehlt er den Gedanken an die Allmacht des göttlichen »Wesens« als »das würksamste Mittel uns stets vergnügt zu erhalten, und selbst aus dem Leiden Vergnügen zu schöpfen.« (Abel, Jacob Friedrich: Philosophische Säze über das höchste Gut (…). Stuttgart 1778, These L.I.)
Schiller: Handlung, S. 5
Unter der Überschrift ›Von den Gewissenspflichten‹ ordnet der englische Denker im 6. Teil seiner Grundsätze der Moralphilosophie die sittliche Verantwortung des einzelnen gegenüber den Mitgliedern seiner Familie dem Begriff der ›Freundschaft‹ zu und befindet (in der Übersetzung Garves): »Freundschaft ist die Gutthätigkeit einzelner Personen gegen einander, die aus Bewegungsgründen einer vorzüglichen Achtung und Ergebenheit entsteht. Sie begreift die gegenseitigen Pflichten von Aeltern und Kindern, von Mann und Frau, und von allen andern Verwandtschaften unter sich.« (Ferguson: Grundsätze, S. 214) Welchen Rang dabei gerade die »Blutsfreundschaft« als »ein natürliches Band« zwischen den Menschen in der Tugendskala des Philosophen einnimmt, zeigt sich daran, daß seiner Ansicht nach »Verwandte zu den ersten und nächsten Gegenständen der Wohlthätigkeit (gehören).« (op. cit., S. 215)
Schiller: Handlung, S. 5
op. cit., S. 5 (Vgl. hierzu Kaiser: Held, S. 50)
Schiller: Handlung, S. 5
op. cit., S. 5
op. cit., S. 5
op. cit., S. 5 [Seine pathetische Orientierung an einer normativen Sittlichkeit kommt dabei auch in der Sprache zum Ausdruck. Abstrakte Begriffe und Gattungsbezeichnungen (Freundschaft, Fräulein, Bruder) beziehen die individuelle Lage immer schon aufs Allgemeine einer verbindlichen Moral. Adverbiale Bestimmungen der Zeit (je, immer, nimmer) dringen kategorisch auf Ausschließlichkeit. Durch Wiederholung, Parallelisierung oder Antithese variiert und gesteigert, beschwören zahlreiche Imperative (Vergiß nicht; Behandle-Behandle; Schreibe mir nicht-Schreibe mir) Pflichtgefühl und sittliche Schuldigkeit. Apostrophen unterstützen sie dabei.]
op. cit., S. 5
op. cit., S. 5
op. cit., S. 5
op. cit., S. 6
Die Schlußpointe bietet in der Forschung Anlaß zu höchst divergierenden Reflexionen, die zumeist auf die Bedeutung der weiblichen Opferbereitschaft zielen. Während Borcherdt das Schweigen des Fräuleins grundsätzlich problematisiert und in der Schlußpointe einen gleichsam gegen den Willen des Verfassers sich durchsetzenden Hinweis darauf erblickt, »daß reiner Altruismus die Wirklichkeit nicht bewältigen kann« (Borcherdt, S. 371), betont Benno von Wiese gerade umgekehrt: »Das mehr oder weniger Vergebliche, ja Überflüssige dieser Großmut, konnte ihm (= Schiller, H.D.) ihren sittlichen Glanz nur noch erhöhen.« (Wiese, S. 303; ähnlich wohl Martini, S. 132) Und noch deutlicher mit der Psychologie des Autors argumentierend, unterstreicht Staiger die besondere Rolle, die »das Überbieten« für Schiller habe: »So wie das Fräulein die Brüder, der eine Bruder den anderen überbietet, hofft er mit seiner Skizze alles, was sich daneben behaupten möchte, aus dem Feld zu schlagen (…).« (Staiger, Emil: Schillers Erzählungen. In: Schiller. Der Geisterseher und andere Erzählungen. Mit einer Einleitung von Emil Staiger und Erläuterungen von Manfred Hoppe. Frankfurt 1976, S. 9–23; hier S. 12) Eine geradezu problembewußt-komplexe Novellenstruktur attestiert demgegenüber Gerhard Kaiser: Nicht die »unerhörte wechselseitige Überbietung an Großmut«, sondern »die Schwere« und »die Bedingungen dieses Kampfes« (Kaiser: Held, S. 48) sei eigentlicher Gegenstand der Darstellung. Sie präsentiere, »in einer Keimform äußerster Konzentration aufs moralische Problem, einen Helden, den die Umstände provozieren es zu werden, der aber, indem er es wird, sich über die Umstände erhebt.« (op. cit., S. 51) Während andere Kommentare die in der Schlußpointe aufbrechenden Widersprüche des Werkes als Zeichen seines künstlerischen Defizits deuten, würdigt Kaiser sie gerade umgekehrt als gelungene Reflexion einer paradoxen Erfahrung von Schuld und Glück. Ohne dabei freilich die aus der Geschichtlichkeit der Liebes- und Tugendauffassung resultierenden Spannungen und Ungleichzeitigkeiten des Gebildes zu bedenken, formuliert er mit Blick auf die durch ihren Verzicht verhinderte Liebeserfüllung von Fräulein und jüngerem Bruder als Erkenntnis des Textes: »Die Liebe kann sich innerlich erst dadurch voll entfalten und bewähren, daß sie äußerlich scheitert, und dadurch bekommt die Tugend auf verschlungenen Wegen ihren Lohn. Er liegt darin, daß durch die Entsagung die Liebe erst voll geweckt, bestätigt und versiegelt wird.« (op. cit., S. 50f.)
Schiller: Handlung, S. 6
op. cit., S. 5
op. cit., S. 6
op. cit., S. 6
op. cit., S. 6
Vgl. zum folgenden vor allem Kraft, S. 46f., dem ich wesentliche Anregungen verdanke.
Schiller: Handlung, S. 6
Kaiser: Held, S. 50. Vgl. dagegen Kraft, der ›Liebe‹ unhistorisch verabsolutiert (Kraft, S. 47)
Schiller: Handlung, S. 6
Vgl. dagegen Kaiser, der diesen Aspekt völlig vernachlässigt (Kaiser: Held, S. 49)
Schiller: Handlung, S. 6
Vgl. ähnlich Kraft, S. 47
Schiller: Handlung, S. 6
op. cit., S. 6
Vgl. dagegen Kaiser, der das Problematische dieser Entscheidung übersieht (Kaiser: Held, S. 51)
So schon Kraft, S. 45
Ohne Blick für den notwendigen Prozeß konkreter Vorbereitung führt er beispielsweise den Abschied des jüngeren Bruders als einen augenblicksverhafteten Akt spontaner Entscheidung vor, der die Anwesenden scheinbar unvorbereitet und entsprechend überraschend trifft.
Wie bereits erwähnt, präsentiert der Erzähler unmittelbar im Anschluß an die Überlegung, »daß wohl von keiner Seite eine Aufopferung möglich war« (Schiller: Handlung, S. 4), dem Leser einen Sieger. Diesen wiederum enthüllt er in der Folge als den eigentlichen Verlierer. Entsprechend kann auch eine Hervorhebung im Schriftbild funktionslos ins Leere laufen. Ob der Erzähler die Dauer der Ehe durch ihre visuelle Akzentuierung (»Ein Jahr dauerte (…)«, op. cit., S. 6) etwa kritisch bedenken oder emphatisch feiern will, entzieht sich jeder schlüssigen Beurteilung. Anstatt dem Leser das Verständnis des Textes zu erleichtern, reflektiert der Sperrdruck mit der Verselbständigung des Pathos gegenüber dem Inhalt des Erzählten vor allem die Unentschiedenheit des Erzählers. (Vgl. Kraft, S. 45)
Martini, Fritz: Die feindlichen Brüder. Zum Problem des gesellschaftskritischen Dramas von J.A. Leisewit, F.M. Klinger und F. Schiller. In: JDSG 16 (1972), S. 208–265; hier S. 262f.
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Dedert, H. (1990). Friedrich Schiller: Die gefährlichen Wunden der Vorsehung. In: Die Erzählung im Sturm und Drang. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03332-1_5
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