Zusammenfassung
Zacharias Werner wurde am bekanntesten als Verfasser des Schicksalsdramas Der 24. Februar. Als ›Schicksalsdramatiker‹ feierte auch Franz Grillparzer seinen ersten Triumph. Die Ahnfrau, sein Erstlingsstück, 1816 geschrieben und am 31. Januar 1817 am »Theater an der Wien« uraufgeführt, wurde vielleicht sein größter Erfolg. Das Trauerspiel Sappho vermehrte den Ruhm des erst 26jährigen Autors beträchtlich. Da rissen Selbstmord des Bruders und der Mutter ihn jäh aus dem beschwingten Schaffen. Die Ärzte rieten ihm zu einem dringend benötigten Urlaub — um die Folgen seiner »bedeutenden Gemütskrankheit« zu heilen, habe er »eine Reise in die südlichen Gegenden notwendig«.1 Dem sensiblen Dichter wurde die Italientour geradezu verordnet, um ihn auf hellere Gedanken zu bringen: Reisen als Therapie. Also reichte Grillparzer am 13. März ein Gesuch bei der Hofkammer ein, in dem er um Gewährung eines längeren Urlaubs bat. Einmal, um die angegriffene Gesundheit zu regenerieren, zum andern, um durch das »Berühren jenes klassischen Bodens« die »erschlaffte Kunsttätigkeit« wieder in Gang zu setzen. Statt der eigentlich notwendigen sechs Monate würde sich der bescheidene Konzeptspraktikant, »seine Dienstverhältnisse ehrend, und bereit, seine liebsten Wünsche ihnen unterzuordnen«, mit nur drei Monaten begnügen.2
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Notizen
Nadler: Grillparzer, S. 105; Raoul Auernheimer: Franz Grillparzer. Der Dichter Österreichs. Wien, München 1972, S. 92.
Zum poetischen Ertrag und zum Fall »Campo vaccino« vgl. Nadler: Grillparzer, S. 86–89, S. 104f., sowie Stefan Oswald: Italienbilder. Beiträge zur Wandlung der deutschen Italienauffassung 1770–1840. Heidelberg 1985, S. 75–79.
Eugen Wohlhaupter: Recht und Rechtswissenschaft auf Grillparzers Lebensweg. Recht und Staat in Grillparzers literarischem Werk. In: E. W, Dichterjuristen, Bd. 1. Hrsg. von H. G. Seufert. Tübingen 1953, S. 390–466, hier S. 413 Anm. 65; zur eigenen Darstellung vgl. den Brief an Sedlnitzky, B I, S. 219.
In dieser Richtung äußert sich auch der zum Katholizismus konvertierte Friedrich Schlegel gegenüber seiner Frau Dorothea: »Herr Grill- und Schrill Pratzer hat beliebt in der Agleja ein höchst ultraheidnisches Gedicht zu machen, über das Coliseum, worin er ganz barbarisch auf das Kreuz, was dort steht, und so auch überhaupt auf das Christentum zu schimpfen und zu schänden beliebt.« Der Briefwechsel Friedrich und Dorothea Schlegels 1818–1820. Hrsg. von H. Finke. München 1923, S. 300.
Der Vergleich Platens mit Don Quijote stammt aus Thomas Manns Essay »August von Platen«. In: T. M: Das essayistische Werk. Hrsg. von Hans Bürgin. Frankfurt am Main und Hamburg 1968. Schriften und Reden zur Literatur, Kunst und Philosophie. Bd. 2, S. 33–43, passim; aufgegriffen von Hans Mayer: Aussenseiter. Frankfurt am Main 1975, S. 208 f., 213.
Generell zu Platen die detailreiche Biographie von Rudolf Schlösser: August Graf von Platen. 2 Bde. München 1910 und die neueste Biographie von Peter Bumm: August Graf von Platen. Paderborn, München 1990;
Max Koch: August Graf von Platens Leben und Schaffen. In Platens Sämtliche Werke. Bd. 1, und die Kurzdarstellungen von Vincent J. Günther: August Graf von Platen. In: Deutsche Dichter des 19. Jahrhunderts. Ihr Leben und Werk. Hrsg. von B. v. Wiese. Berlin 1969, S. 77–96;
Jürgen Link: Artistische Form und ästhetischer Sinn in Platens Lyrik. München 1971; ders.: Nachwort zu August von Platen: Werke, Bd. 1, S. 965–982;
Helmut Prang: August Graf von Platen-Hallermünde. In Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 84 (1967/68), S. 162–169;
Kurt Wölfel: Platens »Poetische Existenz«. Studien zur Lebenshaltung des Dichters. Diss. (masch.) Würzburg 1951; ders.: August von Platen. In: Fränkische Lebensbilder. Neue Folge der Lebensläufe aus Franken. Bd. 3. Würzburg 1969, S. 250–272; ders.: August Graf von Platen. In: Fränkische Klassiker. Eine Literaturgeschichte in Einzeldarstellungen. Hrsg. von Wolfgang Buhl. Nürnberg 1971, S. 523–534; ders.: August von Platen. In: Deutsche Dichter. Hrsg. von Gunter E. Grimm und Frank Rainer Max. Bd. 5. Stuttgart 1989, S. 365–377.
Zum Thema Platen und Italien gibt es außerhalb der Biographien nur essayistische Skizzen, etwa Ernst Sander: Platen und Italien. In: Platen. Gedächtnisschrift der Universitätsbibliothek Erlangen. Erlangen 1936, S. 110–121; Bruno Arzeni: Platen und Italien. Ebd., S. 137 – 149;
Albert H. Rausch: Platens Mittelmeerbindung. In: Italien. Monatsschrift für Kultur, Kunst und Literatur. Jg. 1 (1928), S. 162–166.
Dazu Hans Mayer: Der Streit zwischen Platen und Heine. In: H. M., Aussenseiter. Frankfurt am Main 1975, S. 207–223. Eine interessante Parallele bietet das Leben Hans Christian Andersens in Italien; ebd., S. 227.
Benito Mussolini: Platen e l’Italia. Platen und Italien. In: Siracusa ad Augusto von Platen nel primo centenario delia morte 1935. Edizione Speciale di venti esemplari numerati. Siracusa 1935, S. 4 – 15, hier S. 8.
Giuseppe Gabetti: Platen e la bellezza come ideale morale. Genua 1915; Arzeni: Platen, S. 145–148.
Zu Platens Venedigbild vgl. die Studien von Theodor Schultz: Platens Venedig-Erlebnis. Berlin 1940 (enthält viel Unsinn über Platen als »Volksdichter«); Schlösser: Platen I, S. 457ff;
Thea von Seuffert: Venedig im Erlebnis deutscher Dichter (Italienische Studien 2). Köln, Stuttgart 1937 (Diss. München), S. 49–69;
Karl Ipser: Venedig und die Deutschen. München 1976, S. 84–86.
Felix Mendelssohn Bartholdy. Brief aus Neapel an Fanny Hensel und Rebecka Dirichlet vom 28. Mai 1831. In: F M. B., Reisebriefe aus den Jahren 1830 bis 1832, Bd. 1. Leipzig 1861, S. 155f
Vgl. die Tagebuchaufzeichnung vom 13. Oktober 1824: »Ich habe mich so gewöhnt, jeden Morgen mit der Anschauung schöner Kunstwerke zuzubringen, daß ich nicht weiß, wie ich diesen Genuß werde entbehren können.« (T II, S. 698 f ; vgl. auch die Eintragungen S. 712, 732) und die Aufzeichnung vom 24. Oktober 1824: »Ich kann nicht beschreiben, wie wenig mich das Anschauen aller dieser Bilder überhäuft, und welchen unsäglichen Genuß es mir verscharrt.« (T II, S. 714) Benno von Wiese: August von Platen. 1. Die Liebe zum Schönen. In: Platen. Gedächtnisschrift der Universitätsbibliothek Erlangen. 1936, S. 1–28, hier S. 1–16. Der Schönheitssinn Platens kommt nur im malerischen Italien auf seine Kosten. Vgl. das Sonett Nr. 104 »Was habt ihr denn an euerm Rhein und Ister, / Um neben dem Hellenenvolk zu thronen? / Journale, Zeitungsblätter, Rezensionen, / Tabak und Bier und Polizeiminister!« (W III, S. 231f.)
Goethe an Herzog Karl August, Brief vom 29. Dezember 1787. In: Johann Wolfgang Goethe: Briefe aus Italien 1786–1788. Hrsg. und erläutert von Peter Goldammer. München 1982, S. 111f. Goethe fuhrt zur Männerliebe des weiteren aus: »Vorausgesetzt daß sie selten bis zum höchsten Grad der Sinnlichkeit getrieben wird, sondern sich in den mittlern Regionen der Neigung und Leidenschaft verweilt: so kann ich sagen, daß ich die schönsten Erscheinungen davon, welche wir nur aus griechischen Überlieferungen haben (s. Herders ›Ideen‹, 3. Band, pag. 171), hier mit eignen Augen sehen und, als ein aufmerksamer Naturforscher, das Physische und Moralische davon beobachten konnte. Es ist eine Materie, von der sich kaum reden, geschweige schreiben läßt, sie sei also zu künftigen Unterhaltungen aufgespart.«
Ulrich Pohlmann: Wilhelm von Gloeden. Berlin 1987, S. 14.
Zu Gloedens Knabenschönheitskult in Taormina auch die (etwas reißerische) Nietzsche-Biographie Joachim Köhlers: Zarathustras Geheimnis. Friedrich Nietzsche und seine verschlüsselte Botschaft. Nördlingen 1989, S. 312–317. Viel eher als auf Nietzsche trifft das dort Dargelegte auf Platen zu.
Zu Waiblinger vgl. Gerhard Hagenmeyer: Wilhelm Waiblingers Gedichte aus Italien. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte der Restaurationszeit und zur Geschichte der deutschen Italiendichtung. Berlin 1930;
Lawrence S. Thompson: Wilhelm Waiblinger in Italy. New York 1966;
Stefan Oswald: Italienbilder. Heidelberg 1985, S. 116–135.
Vgl. Michael Werner: Genius und Geldsack. Zum Problem des Schriftstellerberufs bei Heinrich Heine. Düsseldorf 1978, S. 26 ff.
Vgl. dazu Hans-Georg Pott: Heine in München. In: Heine-Jahrbuch 24 (1985), S. 215–226.
Vgl. Michael Werner: Heines »Reise von München nach Genua« im Lichte ihrer Quellen. In: Heine-Jahrbuch 14 (1975), S. 24–46, hier S. 27f.
Johann Wolfgang Goethe: Italienische Reise. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. München 1981, Bd. 11, S.28.
Vgl. Hans Magnus Enzensberger: Eine Theorie des Tourismus. In: Enzensberger: Einzelheiten I. Bewußtseinsindustire. Frankfurt 1964, S. 179–205, hier S. 188ff.
Friedrich Tiersch, Ludwig Schorn, Eduard Gerhard, Leo von Klenze: Reisen in Italien seit 1822. Leipzig 1826, S. IV.
Wilhelm Müller: Amor, ein Cicerone. In: Gunter E. Grimm (Hrsg.): Italiendichtung Bd. 2. Gedichte. Stuttgart 1988, S. 117.
Vgl. dazu Jürgen Brummack (Hrsg.): Heinrich Heine. Epoche-Werk-Wirkung. München 1980, S. 118ff; Werner: Heines »Reise von München nach Genua«, S. 38ff
Vgl. Jost Hermand: Der frühe Heine. Ein Kommentar zu den »Reisebildern«. München 1976.
Vgl. Norbert Altenhofer: Heines italienische Reisebilder. In: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 1986, S. 293–316.
Vgl. Eberhard Galley: Politische Aspekte in Heines italienischen Reisebildern. In: Internationaler Heine-Kongreß Düsseldorf 1972. Heine-Studien 1973, S. 386–398.
Wolfgang Preisendanz: Der Funktionsübergang von Dichtung und Publizistik bei Heine. In: Preisendanz: Heinrich Heine. Werkstrukturen und Epochenbezüge. München 1973, S. 21–68.
Dazu Klaus Pabel: Heines »Reisebilder«. Ästhetisches Bedürfnis und politisches Interesse am Ende der Kunstperiode. München 1977, S. 185 ff
Vgl. dazu Herbert Kaiser: Friedrich Hebbel. Geschichtliche Interpretationen des dramatischen Werks. München 1983 (UTB 1226).
Vgl. Heinz Stolte: Das Molochfragment. Zugleich ein Beitrag zur Beurteilung der Italienreise Hebbels. In: Hebbel-Jahrbuch 1962, S. 94–113.
Zit. in Wilhelm Zentner: Einleitung zu: Scheffel in Italien. Briefe ins Elternhaus. Karlsruhe 1929, S. V–XXXII, hier S. X.
Zur Bedeutung der Geschichte für Scheffel vgl. auch Rolf Selbmann: Dichterberuf im bürgerlichen Zeitalter. Joseph Viktor von Scheffel und seine Literatur. Heidelberg 1982, S. 67ff.
Zu Scheffels Reiseepisteln vgl. Günther Mahal: Joseph Viktor von Scheffel. Zu Unrecht vergessen? Karlsruhe 1986, S. 81 ff.
Zum Thema der »Melancholie« bei Scherfei vgl. Manfred Lechner: Joseph Viktor von Scheffel. Eine Analyse seines Werks und seines Publikums. Diss. München 1962, S. 98 ff.
Vgl. Wolfgang Schievelbusch: Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert. Frankfurt. Berlin. Wien 1979, bes. S. 51ff
Vgl. dazu Richard Brinkmann: Realismus mit »Verklärung« — Perspektiven einer keineswegs ungewöhnlichen Ästhetik. In: Brinkmann: Theodor Fontane. Über die Verbindlichkeit des Unverbindlichen. 2. Aufl. Tübingen 1977, S. 39–47.
Zur Italienreise Fontanes vgl. jetzt auch die knappe Darstellung bei Helmut Ahrens: Das Leben des Romanautors, Dichters und Journalisten Theodor Fontane. Düsseldorf 1985, S. 269ff.
Zum zeittypischen Phänomen des »Geschichtsüberdrusses« in der Italienerfahrung des mittleren und späteren 19. Jahrhunderts vgl. auch Wilhelm Waetzoldt: Das klassische Land. Wandlungen der Italiensehnsucht. Leipzig 1927, S. 153 ff
Vgl. dazu die zeitgenössische, heute ›klassische‹ Polemik von Friedrich Nietzsche: Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben (1874). In: Nietzsche: Kritische Studienausgabe in 14 Bänden. Hrsg. v. Giorgio Colli und Mazzino Montinari. München 1988. Bd. 1. Unzeitgemäße Betrachtungen. Zweites Stück, S. 243–334.
Jacob Burckhardt: »Cicerone« (1855). »Kultur der Renaissance in Italien« (1860).
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Grimm, G.E., Breymayer, U., Erhart, W. (1990). Die Verlegenheit der Epigonen. In: »Ein Gefühl von freierem Leben«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03322-2_4
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