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Zusammenfassung

Mit dem Aufkommen der ästhetischen Humanitätsidee in Deutschland hatte die klare und rationale, die Evidenz stiftende und ihrer Struktur nach zum Gewinn der einzigen Wahrheit fähige Reflexion wolffianischen Typs das Monopol darauf, sinnvolle Aussagen über den Menschen als solchen machen zu können, verloren. Es ist Johann Gottfried Herder [1], der die seit den vierziger Jahren des 18. Jahrhunderts rasch an Einfluß gewinnende Tendenz, die Verfeinerung der menschlichen Sinnlichkeit als eine der Gattung sowohl würdige als auch mögliche Aufgabe anzusehen und zugleich — dieser Auffassung angemessen — ohne logisches Netz operierende Formen des Denkens als wahrheitsfähig zu akzeptieren, zum Agens einer elaborierten Geschichtsphilosophie wie zum Mittel einer gleichsam poetologischen Umdeutung des Christentums gemacht hat. Herders radikale Historisierung sämtlicher Gegenstände der Betrachtung, handle es sich nun um solche theologischer, geschichtskundlicher, philosophischer oder literaturwissenschaftlicher Natur, geht stets mit einer ausdrücklichen Relativierung von Einstellungen und Theorien einher, die mit absoluten Geltungsansprüchen auftreten. Diese Art Herders, sich auf die Besonderheiten der Dinge vorbehaltlos und tief einzulassen, hat sein Werk so reich gemacht.

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Anmerkungen

  1. Von grundsätzlichem Belang sind in erster Linie die folgenden Untersuchungen: R. Haym, Herder nach seinem Leben und seinen Werken. (Fortan: Herder.) Berlin 1880–1885. Repr. Berlin 1958 und Osnabrück 1978;

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  11. cf. auch R. Stadelmann, Der historische Sinn bei Herder (fortan: Historischer Sinn), Halle a. d. Saale 1928, p. 97f.

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  14. Ursachen des gesunknen Geschmacks bei den verschiednen Völkern, da er geblühet. Eine Abhandlung, welche den von der königl. Academie der Wissenschaften für das Jahr 1773 gesetzten Preis erhalten hat. (Von Herrn Herder.) Auf Befehl der Academie herausgegeben. (1775.) (Fortan: UGG.) SW5, p. 600.

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  15. Selbst Adam Ferguson, dem das fortgeschrittene englische Fabriksystem ein sehr viel umfassenderes empirisches Anschauungsmaterial vor Augen stellte, brachte es in seinem Essay on the History of Civil Society (1767) trotz seines selten scharfen Blicks für die negativen Konsequenzen der industriellen Revolution nicht zu vergleichbar subtilen Einwänden gegen die Austrocknung der Gattungskräfte durch die Teilung der Arbeit.

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  16. Rez. von: Zweytes Funfzig christlicher Lieder von J. C. Lavater, Zürich 1776, SW 9, p. 446. (Hervorheb. durch Herder.)

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  19. Geschichtsphilosophie (Gesammelte Schriften von Ernst Troeltsch, Bd. 3), Aalen 1961 (Repr. der Ausg. von 1922);

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  21. und ob an manchen Orten das Gewebe von kühnen Metaphern, poetischen Bildern, mythologischen Anspielungen nicht eher dazu diene, den Körper der Gedanken wie unter einer Vertügade zu verstecken, als ihn wie unter einem durchscheinenden Gewande angenehm hervorschimmern zu lassen.« (Rez. von Johann Gottfried Herder, Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Zweiter Teil, Riga und Leipzig 1785. In: Immanuel Kant, Werkausgabe. Hg. von W. Weischedel, Bd. 12, p. 799;

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  23. B. Geßner (i. e. Pestalozzi), Meine Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts, von dem Verf. des Buchs Lienhard und Gertrud, Zürich 1797.

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  26. Dies gilt etwa für die Arbeit Heydar Reghabys: Revolutionäre und konservative Aspekte in der Philosophie des Volksgeistes. Untersuchungen zu Rousseau, Herder, Burke und Hegel, Berlin 1963.

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  27. Mährchen und Romane (fortan: MuR). Aus: Adrastea, Bd. II (1801), SW 23, p. 277.

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  28. Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft (fortan: KdU). Hg. von G. Lehmann, Stuttgart 1976, p. 106.

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  29. Lyra, hier zit. nach: J. G. Herder, Sämmtliche Werke (in 40 Bänden), Stuttgart und Tübingen 1852–1854. (Abteilung) Zur schönen Literatur und Kunst (Bd. 13. 14–25), 1853 (1861–1862) (fortan: WSLK), Bd. 13, p. 291.

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  30. Zweite, berichtigte Ausgabe (1789) (fortan: UdS), SW5, p. 78.

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  31. cf. David N. Smith, Eighteenth Century Essays on Shakespeare, New York 1962

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  32. cf. ähnlich unkritische Äußerungen p. 104, p. 112) verhaftet. In dieser Forschungstradition ist der präromantische [dazu Alexander Gillies, Herder’s Preparation of Romantic Theory. In: Modern Language Review 39 (1944), sowie Robert H. Ergang, Herder and the Foundations of German Nationalism, New York 1931], »nationale« Sinn Herders, der auch in seinen komparatistischen Studien zutage tritt, in teils nationalistischer, teils faschistischer Manier verzerrt worden.

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  33. Robert S. Mayo, Herder and the Beginnings of Comparative Literature, Chapel Hill 1969;

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  34. Allgemein dazu auch: U. Möller, Rhetorische Überlieferung und Dichtungstheorie. Studien zu Gottsched, Breitinger und G. Fr. Meier, München 1983, p. 16 ff.

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  35. Karl S. Guthke, Der Göttinger Shakespeare. In: Ders., Literarisches Leben im 18. Jahrhundert in Deutschland und in der Schweiz, Bern-München 1975, p. 200.

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  36. Cf. Sigmund von Lempicki, Geschichte der deutschen Literaturwissenschaft bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, Göttingen 1920, p.357f.)

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  37. Chr. M. Wieland, Agathon (1766), 12. Buch, 1. Kap., nach G. E. Lessing, HD, G 4, p. 552.

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  38. Shakespeare und der deutsche Geist, Berlin 1927, p. 251–284) immer noch lesenswerte Bemerkungen über die einschlägigen ästhetischen Differenzen zwischen Lenz, Wagner, Klinger, Müller, Heinse und Bürger.

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  39. Heinrich Wilhelm von Gerstenberg, Etwas über Shakespeare an * * *.(1776.) In: Gerstenbergs vermischte Schriften von ihm selbst gesammelt und mit Verbesserungen und Zusätzen herausgegeben in 3 Bänden, Altona 1816, Bd. III, p. 255 f.

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  40. Vom Einfluß der Regierung auf die Wissenschaften, und der Wissenschaften auf die Regierung (Preisschrift von 1779), PHG 14, p. 225.

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Gleissner, R. (1988). Johann Gottfried Herder. In: Die Entstehung der ästhetischen Humanitätsidee in Deutschland. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03248-5_5

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