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Der Begriff der Literaturkritik in der Romantik

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Zusammenfassung

Der im vorangegangenen Beitrag beschriebene Prozeß, in dessen Verlauf die Idee einer bürgerlichen Öffentlichkeit als handlungsanleitendes Regulativ in Politik und Schriftstellerei zerfällt, kommt in der Romantik zu einem vorläufigen Abschluß. Beunruhigt und sensibilisiert durch ihre Erfahrungen mit dem literarischen Markt und abgestoßen vom sich entfaltenden Wirtschaftsgeist des Bürgertums, ziehen sich die Romantiker mehr und mehr in die gesellschaftskritische Esoterik einer ästhetizistischen Praxis zurück. Literarischer Ausdruck dieser Haltung ist zum Beispiel der Künstlerroman, in dem das Leiden von Künstlern an der oberflächlichen Geschäftigkeit der Welt thematisiert wird. Um die offenkundigen Parallelen zwischen literarischer Produktion, kritischer Praxis und theoretischer Reflexion illustrieren zu können und um die einleitende Charakteristik weniger theorielastig zu halten, will ich zu Beginn kurz auf zwei Romanbeispiele eingehen. In Tiecks Künstlerroman Franz Sternbalds Wanderungen von 1798 wird der Held des Romans, ein Maler, immer wieder mit der bürgerlichen Wirtschaftsgesellschaft konfrontiert, um den thematisch dominanten Antagonismus zwischen Künstler und Bürgertum in das Bewußtsein der Leser zu senken. So hat Franz auf seiner Reise durch die Niederlande einen Brief seines verehrten Meisters, Albrecht Dürer, an einen flämischen Geschäftsmann zu überbringen. Bei einem Essen, das dieser Geschäftsmann gibt, begegnet Franz der lediglich an Wirtschaftsfragen interessierten bürgerlichen Gesellschaft der Stadt.

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Anmerkungen

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Peter Uwe Hohendahl

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Schulte-Sasse, J. (1985). Der Begriff der Literaturkritik in der Romantik. In: Hohendahl, P.U. (eds) Geschichte der deutschen Literaturkritik (1730–1980). J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03209-6_3

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