Zusammenfassung
»Aber jetzt, … da Sie eben aus meiner Kinderstube gekommen sind, führen Sie mich einmal in die Ihrige.« Um einander zu zeigen, was sie sind, erzählen Liebende am liebsten von dem, was sie einmal waren, von ihrer Kindheit. So auch in Jean Pauls »Titan« der junge strahlende Fürstensohn Albano und seine spanische Geliebte Linda de Romeiro: »Ich hing an allem Lebendigen bis zum Schmerz; ein sterbender Kanarienvogel machte mich einmal krank, und die Totenmesse, glaubt’ ich, werde für ihn gelesen. Auch an Gott und Geistern hing ich trunken. Im Feuer, das ich im Dunkeln einmal aus dem Zucker schlug, blitzten sie mir vorüber. Ich habe nie gespielt, sondern früh gelesen. Da ich sehr ernst war und meine Gestalt sich zeitig entwickelte, so wurd’ ich früh als Erwachsene behandelt, und ich begehrt’ es auch. Niemand war mir ernst genug, außer der Vormund, der mit heimlicher Hand meine Entwicklung regierte. Vor Büchern und im Reisewagen da verging mein erstes Leben. Ich beneidete die Männer um ihr Wissen und ihre Freiheit, aber sie gefielen mir nicht, die Weiber noch weniger. Ich galt für stolz — und früher war ich’s auch — und für phantastisch; ich nahm es nicht übel und sagte: ›Ihr habt euere Weise und ich meine‹.«
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Rights and permissions
Copyright information
© 1985 Springer-Verlag GmbH Deutschland
About this chapter
Cite this chapter
Naumann, U. (1985). Kinderstube. In: Charlotte von Kalb. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03202-7_31
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03202-7_31
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-00567-0
Online ISBN: 978-3-476-03202-7
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)