Zusammenfassung
Es gibt eine lange Diskussion um den Begriff der »Renaissance«. Sie ist es wert, hier erinnert zu werden, da in dieser Diskussion grundsätzliche Probleme unseres Umgangs mit Geschichte klargeworden sind. Wir finden den Gedanken der Wiedergeburt der antiken Kunst und Moral bei vielen italienischen Künstlern, Literaten und Philosophen seit dem 14. Jahrhundert (Petrarca, Boccaccio). Geprägt wurde das italienische Wort rinascita (Wiedergeburt, von lat. renasci) von dem Maler, Architekten und Künstlerbiographen Giorgio Vasari (1511–1574). Er verbindet damit vor allem die Rückkehr zur direkten Nachahmung der Natur, wie sie — im Gegensatz zur byzantinisch-mittelalterlichen Tradition der stilisierten Malerei auf Goldgrund — bei den »Alten« wieder zu entdecken war. Diese Wiederentdekkung führte zu Größe und Ruhm der Gegenwart. Die uns geläufige Vorstellung von Renaissance meint etwas anderes. Sie wurde wesentlich von dem Schweizer Kulturhistoriker Jacob Burckhardt geprägt, dessen Buch Die Kultur der Renaissance in Italien 1860 in Basel erschien. Burckhardt deutet die Renaissance als Beginn der modernen Zivilisation. Sein »kulturgeschichtlicher Blick« findet im Italiener dieser Zeit die ganz auf sich gestellte, »vollendete Persönlichkeit«; den »modernen Menschen« als »der Erstgeborene unter den Söhnen des jetzigen Europas« [1]. Der Architekt, Maler und humanistische Schriftsteller L. B. Alberti (1404–1472), der als erster das Geheimnis der Perspektive erfaßte, steht als Beispiel eines »wahrhaft Allseitigen«.
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Anmerkungen
Burckhardt, Jacob: Die Kultur der Renaissance in Italien. Stuttgart 1922, S. 99.
Vgl. Schlaffer, Hannelore und Heinz: Studien zum ästhetischen Historismus. Frankfurt/Main 1975, bes. S. 72–111: »Jacob Burckhardt oder das Asyl der Kulturgeschichte«.
Romano, Ruggiero und Tenenti, Alberto: Die Grundlegung der modernen Welt. (Fischer Weltgeschichte Bd. 12) Frankfurt/Main 1967, S. 256.
Ebenda, S. 266.
Alle Zitate nach: Der utopische Staat. Morus/Utopia; Campanella/Sonnenstaat; Bacon/Neu-Atlantis. Übersetzt und hrsg. von Klaus J. Heinisch. Reinbek 1960, hier S. 108.
Bernal, John Desmond: Sozialgeschichte der Wissenschaft. 4 Bde., zuletzt Reinbek 1978.
Galilei, Galileo: Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenschaftszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend. Hrsg. von Arthur von Oettingen, Darmstadt 1973, S. 152.
Bloch, a.a.O., S. 254. Vgl. dazu auch Brandt, Reinhard: »Francis Bacon: Die Idolenlehre«. In: Grundprobleme der großen Philosophen — Philosophie der Neuzeit I, hrsg. von Josef Speck, Göttingen 1979, S. 9–34.
Copyright information
© 2001 Springer-Verlag GmbH Deutschland
About this chapter
Cite this chapter
Helferich, C. (2001). Humanismus, Reformation und die Umwälzung des Wissens von der Natur. In: Geschichte der Philosophie. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03175-4_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03175-4_3
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-01522-8
Online ISBN: 978-3-476-03175-4
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)