Zusammenfassung
Campes Väterlicher Rath für meine Tochter ist, wie es im Untertitel zur Erstausgabe heißt, als »Gegenstück« zum Theophron (1783) gedacht [1], dem elterlichen Rat für die männliche Jugend; beide Räte haben einen weitgehend identischen zweiten Teil [2], der, aufbauend auf einem anthropologischen Grundriß, den Umgang mit Menschen behandelt. Innerhalb der elterlichen Räte für die reifere weibliche Jugend kann Campes Buch als die am weitesten verbreitete und auch wohl bedeutendste Schrift angesehen werden. [3] Der ersten Auflage von 1789 folgte bereits 1808 die siebte Auflage; bis zum Jahre 1832 erschien es, Raubdrucke nicht mitgezählt, in zehn Auflagen. 1804 und 1812 erschien jeweils eine ins Französische übersetzte Ausgabe. Bereits kurz nach dem Erscheinen des Väterlichen Rathes lehnten sich andere Sittenlehren und elterliche Räte an ihn an. Eberts Nebenstunden eines Vaters (1790) und die Bibliothek für Mädchen von Eckartshausen (1791) zitieren oder übernehmen fast wörtlich Textpassagen. [4] Schmerlers Sophrons Lehren der Weisheit und Tugend (1791) verstehen sich sogar weitgehend als Begleittext zum Väterlichen Rath; das Buch, so heißt es in der Vorrede, sei aus Materialien entstanden, die der Verfasser bei seinen Vorlesungen zum Väterlichen Rath als Erklärung und Ergänzung einschaltete. Auch aufgrund der von Campe angestrebten Systematik und Vollständigkeit, die die anderen Sittenlehren und elterlichen Räte nicht haben, und nicht zuletzt wegen der großen Bedeutung Campes als Kinder- und Jugendbuchschriftsteller kommt dem Väterlichen Rath innerhalb der philanthropischen Mädchenliteratur und der Mädchenliteratur des 18. Jahrhunderts insgesamt eine große Bedeutung zu. [5]
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Notizen
L. Fertig: Campes politische Erziehung. Eine Einführung in die Pädagogik der Aufklärung. Darmstadt 1977. S. 202.
G. Koneffke: »J. H. Campes Schrift ›Über einige verkannte, wenigstens ungenutzte Mittel zur Beförderung der Industrie […]‹…«. In: H.-J. Heydorn/G. Koneffke: Studien zur Sozialgeschichte und Philosophie der Bildung. München 1973. Bd. 1. S. 83–130. Insbesondere S. 117 f.
E. Brandes: Über die Weiber. Leipzig 1887. S. 46 f.
J. F. Oest: Höchstnöthige Belehrung und Warnung für junge Mädchen, zur frühen Bewahrung ihrer Unschuld, von einer erfahrnen Freundinn. Eine Preisschrift. 2. Aufl., Wolfenbüttel 1787 und J. F. Oest: Höchstnöthige Belehrung und Warnung für Jünglinge und Knaben, die schon zu einigem Nachdenken gewöhnt sind. Eine gekrönte Preisschrift. Hg. J. H. Campe. 6. Aufl. Braunschweig 1830. (Angabe nach: Theophron 1830, S. 45 f., Anm.). — Neuauflage der Erstausgabe (1787): München 1977, herausgegeben von J. Merkel und D. Richter. — In den späteren Auflagen des Väterlichen Rathes empfiehlt Campe die Oestsche Schrift den Leserinnen, die sich genauer über den Mißbrauch des Geschlechtstriebes informieren wollen, vorallem »über die schändlichste und verderblichste« Form von allen, die »Unzucht mit sich selbst« (Väterlicher Rath 1830, S. 124). In der Erstausgabe von 1789 ist dieser Hinweis bezeichnenderweise noch nicht enthalten-was die A.D.B. als Mangel tadelt (Bd.91, S. 312).
J. Merkel/D. Richter: »Johann Friedrich Oest und die ›Höchstnöthige Belehrung‹«. In: J. F. Oest: Höchstnöthige Belehrung und Warnungg […] München 1977. S. 184. — Zur Sexualpädagogik der Philanthropen und deren sozialpsychologisch-kritischer Einschätzung vgl. außerdem Elschenbroich: Kinder werden nicht geboren, S. 133–156 und Elschenbroich: »Das im Verborgenen schleichende Laster. Auf dem Wege zur ›Sexualerziehung‹«. In: Oest 1977, S. 155–175.
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Grenz, D. (1981). Gleichheitsgrundsatz und die dreifache Bestimmung der Frau als Hausfrau, Gattin und Mutter. Die philanthropische Mädchenliteratur am Beispiel von Campes »Väterlichem Rath für meine Tochter« (1789). In: Mädchenliteratur. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03160-0_6
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