Zusammenfassung
Erst im 19. Jahrhundert gewinnt die Erzählung innerhalb der Mädchenliteratur eine immer größere Bedeutung. Glatz, der Gehilfe Salzmanns in Schnepfenthal, der die Philanthropen wegen ihrer verstandesmäßig ausgerichteten Erziehung kritisierte [1], hat als erster Autor Sammelbände vorgelegt, die fast ausschließlich Geschichten und einige Gedichte enthalten; moralisch-belehrende Texte sind die Ausnahme. Ein Einfluß Salzmanns, der die moralischen Erzählungen sehr viel höher schätzte als die Sittenlehren, kann dabei mit Sicherheit angenommen werden. Die Abfassung von Erzählungen speziell für Mädchen wird nun mit einem ähnlichen Argumentationsmuster begründet wie im 18. Jahrhundert das Schreiben der Geschichten für Kinder: Man verkenne »das jugendliche, besonders das weibliche Herz«, wenn man von bloßen »moralischen Vorstellungen und Forderungen« einen »sehr starken und bleibenden Eindruck« erwarte; »indem sie oft in Formeln dem kalten Verstande vorräsonnieren, lassen sie das Herz ungerührt, den Willen schwach und matt«. [2] Während die elterlichen Räte des 18. Jahrhunderts es sich lediglich zum Ziel setzten, Mädchen und Jünglinge auf ihre unterschiedliche Bestimmung vorzubereiten, wird damit zum erstenmal etwas explizit über geschlechtsspezifisch unterschiedliche Rezeptionsweisen gesagt. Diese Entwicklung ist ein Indiz für die fortschreitende Etablierung des Paradigmas vom weiblichen »Geschlechtscharakter«; sie hat wesentlich zu dem weiteren Ausbau der Mädchenliteratur als eigenständigem Bereich innerhalb der allgemeinen Kinder- und Jugendliteratur beigetragen.
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Notizen
J. Glatz: Sittenlehre für jüngere Mädchen in Beyspielen und Erzählungen (1807), S. 4 (Vorrede).
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Grenz, D. (1981). Glatz’ »Iduna« (1803) und »Theone« (1806). Die Verinnerlichung und Psychologisierung der Beispielgeschichte. In: Mädchenliteratur. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03160-0_16
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03160-0_16
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-00486-4
Online ISBN: 978-3-476-03160-0
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