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Zusammenfassung

Die euphorische Verklärung des universellen Fortschritts zu einer Märchen-Zeit, wie Andersen sie durch eine gesuchte Optik naiver Anschauung vor Augen führt, wird manisch, wo eben diese technologisch-ökonomische Entwicklung explodiert, im Ersten Weltkrieg. Ein Propagandist des deutschen Imperialismus hat sich dafür als Zeuge angeboten, Ludwig Ganghofer, Lieblingsdichter des deutschen Kaisers. Der Autor von Bergromanen und »Modernen Märchen«[59] war ein populärer Kriegsberichterstatter. In der Reihe Ullsteins Kriegsbücher erschien 1915 sein Bericht Der russische Niederbruch. Krieg wird darin zum weitläufigen Abenteuer und für den eigenen Part zur Verteidigung des sakrosankten Bezirks deutscher Idylle. Im Vertrauen auf solche Sicherheiten wird, was die Feinde auseinanderreißen soll, wie ein verläßliches Familienmitglied vorgestellt, z. B. die »dicke Berta«, die notorische Krupp-Kanone, und ein anderes Geschütz, das der Korrespondent seinen Lesern so vertraut macht: »Ich nütze die erste Frühe, um ein gut ausgewachsenes Kusinchen unserer fleißigen Berta zu besuchen. Ein noch junges Mädchen! Und doch schon von erstaunlicher Kraftfülle. Ihr Mündchen liegt etwa vier Meter oberhalb meines Haardaches.«[60] Der schelmisch eingenommene Blickwinkel kindlicher Naivität auf Beweise fortgeschrittener Technologie will Stolz und Schadenfreude denen gegenüber beglaubigen, die solche Wunder nicht parat haben. Der propagierte Kinderblick aufs Grauenerregende evoziert »Märchen«. Die Technik der Verharmlosung verspricht sich mit den Mitteln einen Erfolg, die, in Generationen bewährt, ein Modell bilden, um gewärtige Schrecken auf dem Abenteuerweg in die Welt endlich in der Erfüllung aller Wünsche aufgelöst zu finden, wobei dieser Vorgang im Bewußtsein imaginärer Ferne wohlig sich genießen ließe.

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Tismar, J. (1981). Kunstmärchen zwischen 1914 und 1933. In: Das deutsche Kunstmärchen des zwanzigsten Jahrhunderts. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03155-6_2

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-00479-6

  • Online ISBN: 978-3-476-03155-6

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