Zusammenfassung
Am 20. September 1933, drei Wochen, nachdem die erste Nummer der Sammlung erschienen war, folgten in Prag als zweite literarische Monatsschrift des Exils die Neuen Deutschen Blätter. Ihre Gründung stand in engem Zusammenhang mit der Reise, die Johannes R. Becher im Auftrag der IVRS vom 5. Juli bis zum 27. September 1933 durch die Exilzentren unternommen hatte. Die erste Station dieser Reise war Prag. Gleich nach Ankunft erfuhr Becher von dem Zeitschriftenplan Klaus Manns, und er wurde auch darüber informiert, daß sich Willy Haas mit der Absicht trug, unter dem Titel Welt im Wort ein Nachfolgeorgan für seine in Berlin verbliebene Literarische Welt zu schaffen. Becher berichtete:
»Da zu gleicher Zeit bereits deutlich spürbare trotzkistische Einflüsse innerhalb der Schriftsteller festzustellen waren, die wir zu unseren Bundesgenossen rechneten, entschloß ich mich, in der Angelegenheit der Zeitschrift, als eines wichtigsten [!] Organisationsmoments der antifaschistischen Kräfte in der Literatur, rasch zuzugreifen. Nach verschiedenen Gesprächen mit Fachleuten auf diesem Gebiet war es klar, daß unter den derzeitigen Verhältnissen nur Prag als Erscheinungsort in Betracht kommen kann. […] Zu gleicher Zeit hatte ich mit Wieland Herzfelde ein längeres Gespräch über die deutsche Partei und ihre Politik, woraus einwandfrei hervorging, daß Wieland Herzfelde vollkommen auf der Parteilinie steht und gewisse frühere Schwankungen bedauert.« [1]
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Quellen und Anmerkungen
Zur Tradition der sozialistischen Literatur in Deutschland, a. a. O., S. 587 ff. — Hervorhebungen im Original.
Ausstellungskatalog »Der Malik Verlag 1916 – 1947«. Deutsche Akademie der Künste, Berlin (DDR), o. J. (1967), S. 43.
Brief Oskar Maria Grafs an Kurt Rosenwald v. 21. 11. 1933. Im Besitz des Oskar-Maria-Graf-Archivs der University of New Hamphshire, Durham. Unveröffentlicht. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. Gisela Graf, New York. — Hervorhebung im Original.
Hammer und Feder. Deutsche Schriftsteller aus ihrem Leben und Schaffen. Verlag Tribüne, Berlin (DDR) 1955, S. 37f. u. 429ff.
Neue Deutsche Blätter (künftig zitiert als NDB), 1. Jg., Nr. 4 v. 15. 12. 1933, beigebundenes Werbeblatt nach s. 264.
NDB, 2. Jg., Nr. 6, August 1935, S. 392.
Ausstellungskatalog »Der Malik Verlag…«, a. a. O., S. 47.
Helmut Praschek (Bearb.): Neue Deutsche Blätter, Prag 1933 – 1935. Bibliographie einer Zeitschrift. (Künftig zitiert als: ABdlZ6.) Mit einem Vorwort von Wieland Herzfelde. Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar 1973, S. 11.
NDB, 1. Jg., Nr. 1 v. 20. 9. 1933, S. 1 f. — Hervorhebungen im Original.
Es ist nicht auszuschließen, daß Ernst Bloch doch an der Zeitschrift mitgearbeitet hat. In NDB, 1.Jg., Nr. 3 v. 15. 11. 1933, S. 199f. wurde unter dem Pseudonym Karl Kuerz eine Glosse zum Reichstagsbrandprozeß abgedruckt, die stilistisch einige Ähnlichkeiten mit der Diktion von Ernst Bloch aufweist.
Nach aller Wahrscheinlichkeit waren die Motive der Schriftsteller, die eine Mitarbeit an den NDB zugesagt, ihr Versprechen aber nicht eingehalten hatten, sehr verschiedenartig. Walter Hasenclever und Kurt Tucholsky z. B. haben an keiner Exilzeitschrift mitgearbeitet; Bernard von Brentano, der sich an der »Sammlung« beteiligte, lag seinerzeit in Streit mit seinen kommunistischen Freunden und war im Begriffe, sich von ihnen zu trennen, und die Zurückhaltung der Moskauer Gruppe um Georg Lukács ist möglicherweise auf die Differenzen zurückzuführen, die dann in der IL zu dem Angriff Paul Reimanns auf die NDB führten.
NDB, 1. Jg., Nr. 4, v. 15. 12. 1933, S. 237ff.; Nr. 5 v. 15. 1. 1934, S. 321.
NDB, 1. Jg., Nr. 4 v. 15. 12. 1933, S. 201.
NDB, 1. Jg., Nr. 11, August 1934, S. 712. Die NDB zitierten Gerhart Hauptmanns Nachruf wie folgt: »Soeben um 9 Uhr verschied Reichspräsident von Hindenburg. Über Deutschland liegt eine atemlose Stille. Die Weltuhr tickt vernehmlich. Sie hat ausgehoben, man erwartet die Glockenschläge, aber sie schlägt nicht! Stille! Diese, diese Weltstille! Ein mächtiger Felsen, der die Burg auf hohem Berg unbeweglich naturhaft unterbaute, ist zur Tiefe gerollt. Damit ein Granitpfeiler, der die Burggewölbe trug. Noch steht die Burg, sie wird ewig stehen. Dank dem dazugehörigen Maurer und Zimmermann: Herbei, Ihr tätigen Hände, Ihr Werkleute ! Schweigend tut Euer heiligstes Werk: Stützt, schweißt zusammen, untermauert den Grund, schweigt, handelt, baut auf! Baut auf! In diesem Mann war Gott. Mit diesem Gefäß hatten die ewigen Mächte das deutsche Schicksal innigst vereint. Diese mächtige schweigsame Säule stand und trug, trug und stand über das Ende des Krieges hinaus und darum war äußerer Niederbruch kein innerer Niederbruch. Unerschütterlich stand diese Säule. Erkenne die Größe in ihrem deutschen Volk, das sie heute überlebt, nimm ein Beispiel an ihr und, wie sie beinahe durch ein Jahrhundert nicht wich, treu, fest in Natur und Pflicht, so steh Du aufrecht, durch Jahrtausende!«
Nach der Niederlage von Hitlerdeutschland suchte der aus dem Exil zurückgekehrte Johannes R. Becher Hauptmann in seinem schlesischen Wohnsitz Agnetendorf auf (Oktober 1945). Hauptmann gab ihm eine Botschaft an den Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands mit. Er wurde später Ehrenpräsident des Kulturbundes: Der Beisetzung der sterblichen Reste Hauptmanns auf Hiddensee wohnte Wilhelm Pieck bei.
NDB, 1. Jg., Nr. 4 v. 15. 12. 1933, S. 262 ff.
NDB, 1. Jg., Nr. 9, Juni 1934, S. 572 f.
NDB, l.Jg., Nr.2v. 15. 10. 1933, S. llOff.
NDB, 1. Jg., Nr. 1 v. 20. 9. 1933, S. 59.
NDB, 1. Jg., Nr. 11, August 1934, S. 695 ff.
NDB, 1. Jg., Nr. 9, Juni 1934, S. 521 ff.
NDB, 1. Jg., Nr. 1 v. 20. 9. 1933, S. 55 ff.
a. a. O., S. 59.
NDB, 1.Jg., Nr. 3 v. 15. 11. 1933, S. 129 ff. Siehe auch im Kapitel »Das Selbstverständnis und seine Wandlungen« (Bd. 3).
a. a. O., S. 196. Das Gedicht von Karl Kraus, das die NDB beantworteten, lautete: »Man frage nicht, was all die Zeit ich machte. / Ich bleibe stumm; / und sage nicht, warum. / Und Stille gibt es, da die Erde krachte. / Kein Wort, das traf; / man spricht nur aus dem Schlaf. / Und träumt von einer Sonne, welche lachte. / Es geht vorbei; / nachher war’s einerlei. / Das Wort entschlief, als jene Welt erwachte.«
NDB, 1. Jg., Nr. 7 v. 22. 3. 1934, S. 394, 396, 402, 425.
Günther stützte sich bei diesem Verdikt allerdings nicht auf die Verlautbarungen von Anarchisten, sondern auf zwei Artikel aus der »Neuen Weltbühne« Willy Schlamms. Die Interpretation, die er dem Ausschnitt aus einem Leitartikel Schlamms und einer Sprachglosse gab, war grob verfälschend. Offenkundig hat man es in diesem Punkt nicht mit einer sachlichen Erwiderung, sondern mit einem verdeckten Angriff gegen das mißliebige trotzkistische Blatt zu tun. So treffend Günthers Thesen waren, die Rüge an der »Neuen Weltbühne« war falsch plaziert. Nach aller Wahrscheinlichkeit stützte sich aber das Urteil, das im Lexikon der sozialistischen deutschen Literatur über die »Neue Weltbühne« unter Schlamm gefällt wurde, auf eben diesen Artikel Günthers (s. Fußnote 35 im Kapitel zur »Neuen Weltbühne«).
NDB, 1. Jg., Nr. 2 v. 15. 10. 1933, S. 118.
NDB, 1. Jg., Nr. 6 v. 15. 2. 1934, S. 373.
NDB, 1. Jg., Nr. 10, Juli 1934, S. 641.
In diesen Sonderheften waren, von der üblichen Redaktionspraxis abweichend, die laufenden Nummern nach einem Leitthema komponiert. Außer den genannten erschien ein Sonderheft zu E. E. Kischs fünfzigstem Geburtstag und ein Sonderheft zum Thema »Der letzte und der nächste Krieg«.
Siehe den entsprechenden Abschnitt im Kapitel »Politische Aktivität von Schriftstellern« (Bd. 3).
NDB, 1. Jg., Nr. 12, September 1934, S. 715.
Die bislang zugeordneten Pseudonyme sind der (vorzüglich gearbeiteten) Bibliographie Helmut Prascheks — s. Anm. 8 — zu entnehmen.
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Walter, HA. (1978). Neue Deutsche Blätter. In: Deutsche Exilliteratur 1933–1950. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03094-8_9
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