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Aus: Die Entwicklung des deutschen Romans, besonders in der Gegenwart 1844

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Romantheorie und Romankritik in Deutschland
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Zusammenfassung

Dieselben Neigungen und Liebhabereien der Zeit, welche der Entwicklung der dramatischen Poesie hinderlich gewesen sind, haben die Vegetazion der Romanlitteratur befördert und sie bis jetzt bei üppiger Blüthe erhalten. Wie lange Dies dauern, ob sie einmal wieder verschwinden und sich selbst erschöpfen oder aus Mangel an Theilnahme im lesenden Publikum untergehen wird, ist schwer zu bestimmen. Wenn einmal im Publikum das Bedürfniß für eine Dichtgattung fehlt, so wird sie, trotz aller Talente, die ihren Anbau fortsetzen mögen, sich nicht mehr auf die Dauer halten und höchstens noch ein Schein- und Schattenleben eine Zeitlang führen können. Dann helfen alle noch so gewaltsamen Anstrengungen, alle noch so scharfsinnigen neuen Wendungen, alle noch so klangvollen Posaunenstöße der Belobung nicht mehr, ebensowenig wie die tadelnde Kritik, sie sei noch so gerecht und gründlich, einem litterarischen Genre, welches gerade vom Publikum begünstigt ist, wesentlich schaden oder gar das Todesurtheil sprechen kann. So sind eine Menge kleiner Dichtgattungen, wie die Fabel, die poetische Epistel, die gereimte Erzählung, die Idylle, ja das Epos selbst, nicht mehr wie ehemals, Artikel, die zu produziren es die Mühe lohnen möchte, da nach ihnen theils gar keine, theils nur eine sehr geringe Nachfrage ist. Eben so sind das sentimentale, Natur und Liebe feiernde Lied, die Romanze und Ballade immer mehr der zeitgemäßen politischen Lyrik und dem ironisch zugespitzten Liede gewichen. Die Ode im antiken Versmaße wieder zu Ansehen zu bringen, gelang, trotz aller Meisterschaft, selbst einem Platen nicht. Auch die dramatische Dichtung, ehemals eben so gern gelesen, als gesehen, altert täglich mehr, so sehr sich auch einzelne Dichter, denen es wahrlich nicht an Talent und Geist fehlt, um sie Mühe geben und im Schweiße ihres Angesichts das dramatische Feld bebauen.

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Nachweise und Anmerkungen

  1. Hüon und AmandaTitaniaOberon: Gestalten aus Wielands romantischem Epos »Oberon« (1780)

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  2. Verfasserin von »Schloß Goczyn«: Ida von Düringsfeld (Pseudonym: Thekla Rheinsberg)

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  3. Therese: Pseudonym von Therese von Bacheracht (geb. von Struve, ab 1850 von Lützow)

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  4. Gurli, das naive Naturkind: berühmte Gestalt aus Kotzebues Lustspiel »Die Indianer in England« (1790)

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Marggraff, H. (1976). Aus: Die Entwicklung des deutschen Romans, besonders in der Gegenwart 1844. In: Romantheorie und Romankritik in Deutschland. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03055-9_44

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03055-9_44

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-00324-9

  • Online ISBN: 978-3-476-03055-9

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