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Zusammenfassung

[397]Ich komme nun zu der Gattung von Schriften, die in Deutschland eine wichtige historische Erscheinung, das literarische tägliche Brot sind, zu den Romanen. So wichtig wie dem Italiener das epische Gedicht und das Sonett, dem Spanier die historische Darstellung seiner vaterländischen Begebenheiten, dem Holländer eine triviale Didaktik, so wichtig wie dem Franzosen die Komödie und die pikante Politik, ja noch wichtiger ist dem Deutschen der Roman. Er wird mit ihm groß, er liebt mit ihm, verläßt ihn nur eine kurze Zeit beim Heirathen und im Mittagsbrande des bürgerlichen Lebens, dann sucht er ihn wieder zum Troste und stirbt mit ihm. Der Roman ist der Theil der Literatur, der in Deutschland Volkspoesie geworden ist; der Pole singt seine Nationallieder, der venetianische und neapolitanische Schiffer singt die Stanzen des Ariost und Tasso, der Deutsche erzählt dem andern eine Geschichte, einen Roman. Er sitzt des Abends auf der Bank vor dem Hause, raucht eine Pfeife Tabak, und je graulicher und grauslicher die Geschichte klingt, desto mehr Beifall, stilles Entzücken erweckt sie. Ein Volk, das viel erzählt, thut nicht viel, ein entschlossener, schnell handelnder Mann spricht wenig, wer viel Redens vom Handeln macht, ist nie gefährlich. Unsere Romanenwuth geht parallel mit unserer geschichtlichen Stellung. Die Lacedämonier sprachen ein Wort und lieferten drei Schlachten, die Römer befahlen an der Themse und jenseit des Euphrat, der Harz und die habessinischen Berge haben römische Worte gehört, und sie haben uns die wenigsten Bücher, und außer dem großen Romane ihrer Geschichte wenig Geschichten hinterlassen.

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Nachweise und Anmerkungen

  1. Siegwart: empfindsamer Roman von Miller

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  2. Heinse’s Romane, Ardhingello, Fiormidona, Adelheid: Nur der Roman »Ardinghello« ist einwandfrei zu identifizieren. Mit »Fiormidona« ist möglicherweise der anonyme Roman »Fiormona« gemeint; vielleicht liegt auch eine Verwechslung mit der weiblichen Hauptfigur des »Ardinghello«, Fiordimona, vor. »Adelheid« ist ein Romanfragment Heinses, das 1833 noch unveröffentlicht war; Laube kann es der Öffentlichkeit also kaum als großen Roman Heinses angeführt haben; möglich erscheint daher eine Verwechslung mit dem Roman »Hildegard von Hohenthal«.

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  3. Gonfalionere: german.-it., Bannerträger

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  4. Bulwer: Gemeint ist der Roman »Godolphin« (1833).

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Laube, H. (1976). Aus: Literatur 1833. In: Romantheorie und Romankritik in Deutschland. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03055-9_18

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03055-9_18

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-00324-9

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