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Rezension über Wilhelm Hauff, »Lichtenstein« 1826

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Romantheorie und Romankritik in Deutschland
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Zusammenfassung

[453] So inbrünstig als vor einiger Zeit von allen Recensenten nach einem guten deutschen Lustspiel verlangt wurde, klingt jetzt allen Kritiken das ceterum censeo nach: Wollte doch ein Scott für Deutschland aufstehen! Schon viele Namen hat man in Ermangelung des Bessern mit dem Scott’schen Prädicat belegt, z. B. van der Velde, der ein deutscher W. Scott sein sollte; auch treibt man den Walladmor-Autor in den Literaturzeitungen an, sein gelöstes und recognoscirtes Patent auf Deutschland umschreiben zu lassen. Es glückt aber alles Antreiben und Aufrufen nicht. Van der Velde dichtete für das große Publicum am liebsten in Island und Mexiko, und der Verf. des »Walladmor« soll die Caprice haben, einen zweiten Walladmor, von dem man spricht, wieder auf englisch-historischen Boden verlegen zu wollen. Wollte oder konnte, will oder kann man nicht auf den Noth- und Hülfsruf hören? Es ist seltsam, daß er jetzt am lautesten wird, wo Scott schon so bergunter geht, daß man ihn füglich nicht mehr mit Ehre als Muster hinstellen darf. Doch bleibt seine Erfindung und Ausmittelung des echten historischen Romans immer ein Verdienst, nicht zu übersehen wegen der Schwächen des literarisch Alternden. Er hat den Ton getroffen; sollte dies aber eine so ganz besondere Tonkunst sein, daß sie sich nur bei englischen Thematen brauchen ließe? Hier sehen wir einen Deutschen von Talent, der die »Memoiren des Satans« herausgibt, der schon einen hochberühmten deutschen Schriftsteller durch seinen Mondmann in einen translunarischen Aerger versetzt hat, an die Saiten rühren, recht geschickt und talentvoll; der Stoff scheint ergiebig, es ist auch ein Roman, ein historischer Roman, und einer, den man zu den bessern zählen muß, daraus geworden; aber gegen den Scott’schen gehalten, kann er nicht so bestehen, daß wir Deutsche uns in die Brust werfen könnten.

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Nachweise und Anmerkungen

  1. Walladmor-Autor: Alexis selbst, der den Roman anonym veröffentlichte

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  2. zweiten Walladmor: Alexis hatte kurz zuvor einen Vorabdruck seines nächsten (ebenfalls anonym, »frei nach dem Englischen des Walter Scott« erschienenen) Romans »Schloß Avalon« veröffentlicht, in dem er dieses Thema diskutiert hatte.

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  3. »Memoiren des Satans«: Hauff, Mittheilungen aus den Memoiren des Satans. Stuttgart 1826

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  4. Mondmann: Hauff veröffentlichte 1826 den Roman »Der Mann im Mond oder Der Zug des Herzens ist des Schicksals Stimme« unter dem Namen »Heinrich Clauren«, dem Pseudonym des Erfolgsautors Heun. Hauff ahmte in diesem Roman Claurens empfindsam-lüsternen Stil nach; Clauren prozessierte daraufhin gegen Hauff und gewann den Prozeß.

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  5. laudatores temporis acti: lat., Lobredner vergangener Zeit; nach Horaz, De arte poetica liber, V. 173

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  6. Gustav Schwab: Vgl. die Ballade »Schloß Lichtenstein« (1816).

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Alexis, W. (1976). Rezension über Wilhelm Hauff, »Lichtenstein« 1826. In: Romantheorie und Romankritik in Deutschland. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03055-9_11

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03055-9_11

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-00324-9

  • Online ISBN: 978-3-476-03055-9

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