Zusammenfassung
Das Auftreten einer neuen dramatis persona in der Tragödie muß beide — die Figur wie die Gattung — verändern. Diese hat zunächst ihr eigenes System, das auch dem Personal nach vollständig ist. Fügt sich ihr ein fremdes Element ein, so muß sich ihre Ordnung modifizieren. Das Fremde bringt ein Moment der Distanz gegenüber dem Gewohnten und Gesicherten ein und erzwingt damit eine perspektivische Betrachtung. Die bisher unbefragte Ordnung kann nur noch durch ›Hinweisschilder‹ verfolgt werden, die der Richtung des perspektivischen Sehens folgen; der Augpunkt ist das neu hinzugekommene Element. Dieses aber, einem geschlossenen Gefüge entnommen und zum Richtpunkt eines anderen gemacht, muß neue Möglichkeiten entfalten. In einen fremden Reflexionskreis gestellt, fällt auf es ein anderes Licht. »Nicht das Gebiet aus welchem der Gegenstand genommen, sondern das Forum, vor welches der Dichter ihn bringt, macht denselben tragisch oder komisch.« [1] Mehrmals haben wir darauf hingewiesen, daß Volk, nach seinen einzelnen Vertretern bestimmt, dem niederen Stil angehört und selbst beim Eintritt in die Tragödie dessen Eigenschaften, wenn auch modifiziert, beibehält. Die Bedingung der Modifikation ist der Übertritt in die andere Gattung, ihre Folgen erscheinen als gattungspoetische Neuerungen, die zu beschreiben sind.
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Rights and permissions
Copyright information
© 1972 Springer-Verlag GmbH Deutschland
About this chapter
Cite this chapter
Schlaffer, H. (1972). Figur und Form. In: Dramenform und Klassenstruktur. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03003-0_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03003-0_3
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-00246-4
Online ISBN: 978-3-476-03003-0
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)