Wissenschaftsgeschichte der Linguistik

Zusammenfassung

Versteht man unter Geschichte der Linguistik die Geschichte derjenigen Disziplin, die sich ihrer selbst bewußt wurde, indem sie sich einen Namen gab und sich durch Abgrenzung gegen die Grammatik und vor allem die Philologie definierte, so kann der Beginn einer solchen Wissenschaftsgeschichte erst um das Jahr 1800 angesetzt werden, als man zunächst von der vergleichenden Grammatik, dann von den Linguisten (1816) und schließlich von der Linguistik (1830) sprach. Diese Betrachtungsweise ist den meisten Linguisten im 19. Jahrhundert eigen gewesen, die wie Whitney meinten, daß »die Fortschritte des menschlichen Geistes lange Zeit so gering waren, daß man sagen kann, daß die Linguistik eine moderne Wissenschaft wie die Geologie oder die Chemie ist und wie beide zum 19. Jahrhundert gehört« [1]. Konsequent widmete Withney der im Jahre 1875 geschriebenen Geschichte seiner Disziplin, die mit Herder, William Jones und den Brüdern Schlegel beginnt, nur zwei Seiten. Im selben Jahr stellte Bréal die Geschichte der vergleichenden Grammatik auf sechzig Seiten vor. Er ging von den selben Vorläufern, d. h. vor allem von Bopp aus. 1903 beschrieb Meillet das gleiche wie Saussure auf den ersten sechs Seiten seines Cours auf fünfunddreißig Seiten; als Vorläufer erwähnt er kurz die Griechen und Hindus. Jespersen (1922) widmet all dem, was vor 1800 liegt, ein wenig mehr Aufmerksamkeit, ohne jedoch den Vorrang des 19. Jahrhunderts in Zweifel zu ziehen. Und Bloomfield schloß sich dem im Jahr 1933 mit knappen Worten an.