Zusammenfassung
Mit gutem Sinn beschließt H. A. Korff sein vierbändiges Werk Geist der Goethezeit mit einem Kapitel über »Die Vollendung der Kunstphilosophie«. Während nämlich die Kunst und die Dichtung der Goethezeit alles andere als einheitlich sind und jeder ideengeschichtlichen Systematisierung einen unüberwindlichen Widerstand entgegensetzen, kann auf dem Gebiet der Ästhetik der Nachweis einer zusammenhängenden, »organisch« sich vollendenden Entwicklung einigermaßen gelingen. Von den Kunstphilosophien der Goethezeit darf mit einem gewissen Recht behauptet werden, daß sie in dem »Menschenalter zwischen 1790 und 1820« trotz aller Unterschiede im einzelnen »im wesentlichen zu sehr ähnlichen Ergebnissen« geführt haben und daß die Unterschiede »kein lebendiges Interesse mehr« haben [1]. In allen diesen Theorien ist die Schönheit die irdische Erscheinung des Göttlichen. Ob nun die »Mythologie« (Schelling) oder die von der »Zuchthausarbeit des Willens« erlöste Anschauung des Weltgrundes (Schopenhauer) oder die sinnlich dargestellte Vernünftigkeit des Weltprozesses (Hegel) betont wird, immer erscheint die Kunst als eine Manifestation des Absoluten. Sie widerspricht der Religion, der Sittlichkeit, der philosophischen Wahrheit in keiner Weise, doch entspricht es ihrem Wesen, daß sie die letzte Wirklichkeit nicht in begrifflicher, sondern in anschaulicher Gestalt widerspiegelt, wozu es einer besonderen Genialität bedarf. Die Kunst ist keineswegs phantastische Subjektivität, willkürliches Spiel mit den Gegenständen, vielmehr zeigt sie die Natur in ihrem wahren Wesen ; darum ist sie aber auch etwas ganz anderes als Naturnachahmung.
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Anmerkungen
Tagebuch (1845/46), Sämtliche Werke, hg. v. Peter Frank und Karl Pörnbacher, Bd. 3, München 1964, S. 214.
Briefwechsel, hg. v. Friedrich Hirth, Bd. 1, München und Berlin 1914, S. 190.
Der deutsche Roman des achtzehnten Jahrhunderts in seinem Verhältniß zum Christen-thum (1851), Sämtliche Werke, hg. v. Hermann Kunisch, Bd. 8, 2 (bearbeitet von Wolfram Mauser), Regensburg 1965, S. 244.
Friedrich Sengle, Das historische Drama in Deutschland, Stuttgart 21969, S.211 ff.u.S.227f.
Josefine Nettesheim, Die geistige Welt der Dichterin Annette Droste zu Hülshoff, 1967, S. 16.
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Stephan Born, Die Romantische Schule in Deutschland und Frankreich, Heidelberg 1879, S. 107.
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Gesprächsäußerung vom 21.11.42, Lenau und die Familie Löwenthal, hg. v. Eduard Castle, Bd. 1, Leipzig 1906, S. 237.
Österreich wie es ist, hg. v. Victor Klarwill, Wien 1918, S. 149.
Helmut Koopmann, Dilettantismus, Bemerkungen zu einem Phänomen der Goethezeit, in: Studien zur Goethezeit, Festschrift für Lieselotte Blumenthal, hg. v. Helmut Holtzhauer und Bernhard Zeller, 1968, S. 178–208.
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Sengle, F. (1971). Auffassung und Gebrauch der Dichtung. In: Biedermeierzeit. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02980-5_2
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