Zusammenfassung
In der Erkundung bestimmter Normen auf etwas „Unbedingtes“ hin — bei aller Anerkennung des geschichtlich Bedingten -wenden wir uns dem ersten dieser Fragenkreise zu. Er betrifft den Charakter des Öffentlichen im Gegensatz zum Privaten; die Tatsache, mit anderen Worten, daß zur Kunst Kommunikation gehört. In vielfältigen Formen ist sie gesellschaftsbezogen. Sie ist auf die Gesellschaft gerichtet, in der sie entsteht und für die sie entsteht. „Daß Kunst mit Gesellschaft zu tun hat, ist für unsere Generation keine große Entdeckung“, bemerkt Helmuth Plessner im Eingang eines Beitrags »Über die gesellschaftlichen Bedingungen der modernen Malerei«1. Nicht immer zwar war man sich solcher Voraussetzungen im Wesen der Kunst bewußt, und daß man zumal die Lyrik gern als etwas Privates verstand oder versteht, hängt ohne Zweifel auch mit jener Literaturwissenschaft zusammen, die an dem „unglücklichen Prinzip Erlebnis und Dichtung krankt“2. Es ist dann in Deutschland zumeist die Lyrik Goethes, auf die man sich in solchem Verständnis von Literatur beruft. Derartigen Vorstellungen entspricht die gesellige Verskunst des »Westöstlichen Divan« in keiner Weise. Aber nicht einmal im Falle jener Lyrik des jungen Goethe, die man gern als einsam bezeichnet, ist die Berufung berechtigt.
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Anmerkungen
Helmuth Plessner in: DVjs. 1965, Heft 1, S. 1.
Goethe »Dichtung und Wahrheit«, Zweiter Teil, 10. Buch. Hamburger Ausgabe, Bd IX, 1955, S. 408f.
Johann Huizinga »Homo ludens. Versuch einer Bestimmung des Spielelements der Kultur«. 3. Aufl., 1949, S. 76–77.
Schillers Werke, Philosophische Schriften. Erster Teil. Nationalausgabe, Bd 20, 1962, S. 359; vgl. auch die Erläuterungen Benno von Wieses zum Spielbegriff, ebda, Bd 21, 1963, S. 265.
Arnold Gehlen »Der Betrachter wird zum Problem«, in: Merkur, Jg XVIII, 1964, S. 46.
Hans Mayer »Thomas Mann. Werk und Entwicklung«, 1950, S. 184.
Franz Kafka »Tagebücher 1910–1923«, 1951, S. 229.
Hugo Kuhn »Warum gabst du uns die tiefen Blicke…«, in: Dichtung und Volkstum, Bd 41, 1941, S. 423.
Emil Staiger »Grundbegriffe der Poetik«, 1946, S. 54.
Werner Mahrholz »Deutsche Literatur der Gegenwart«, 1930, S. 436;
vgl. zum Problem der Arbeiterdichtung neuerdings auch Fritz Martini in: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, 2. Aufl., Bd I, 1958, S. 97–99.
Oskar Loerke »Die sieben jüngsten Jahre der deutschen Lyrik«, in: Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft, Jg 8, 1964, S. 38.
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Müller-Seidel, W. (1965). Der erste Fragenkreis: Die Probleme des Öffentlichen. In: Probleme der literarischen Wertung. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02978-2_2
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