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Zusammenfassung

(…) Der famose „freie“ Rhythmus führt seinen Namen mit Recht. Er ist in der That so frei, als dies der Dichter für seine Bequemlichkeit, oder, was meist wohl noch „treffender“ sein dürfte, für sein mangelndes Unterscheidungsvermögen, wünscht. Der notwendige Rhythmus, den ich will, darf sich solche, oder auch nur ähnliche Scherze nicht mehr erlauben. Er wächst, als wäre vor ihm irgend etwas andres noch nie geschrieben worden, jedes mal neu aus dem Inhalt. Er unterscheidet sich dadurch genau so auch von der Prosa. Die Prosa kümmert sich um Klangwirkungen überhaupt nicht. Wenigstens nicht um Klangwirkungen in dem Sinne, um den einzig es sich hier drehen kann. Ich schreibe als Prosaiker einen ausgezeichneten Satz nieder, wenn ich schreibe : „Der Mond steigt hinter blühenden Apfelbaumzweigen auf.“ Aber ich würde über ihn stolpern, wenn man ihn mir für den Anfang eines Gedichts ausgäbe. Er wird zu einem solchen erst, wenn ich ihn forme: „Hinter blühenden Apfelbaumzweigen steigt der Mond auf.“ Der erste Satz referiert nur, der zweite stellt dar. Erst jetzt, fühle ich, ist der Klang eins mit dem Inhalt. Und um diese Einheit bereits deutlich auch nach außen zu geben, schreibe ich:

„Hinter blühenden Apfelbaumzweigen steigt der Mond auf.“

Das ist meine ganze „Revolution der Lyrik“. Sie genügt, um ihr einen neuen Kurs zu geben. Ungefähr wie die Umkehr „Die Erde dreht sich um die Sonne und nicht die Sonne um die Erde“ genügt hatte, uns in eine neue Weltanschauung zu zwingen. (…)

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Erich Ruprecht Dieter Bänsch

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© 1981 Springer-Verlag GmbH Deutschland

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Holz, A. (1981). »Revolution der Lyrik«. In: Ruprecht, E., Bänsch, D. (eds) Manifeste und Dokumente zur deutschen Literatur 1890–1910. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02976-8_8

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-00105-4

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