Zusammenfassung
Obwohl selbst Mitglied des Alldeutschen Verbandes, gerät der Leipziger Kulturhistoriker Karl Lamprecht im Dezember 1913 unter Beschuß von konservativer Seite. Daß er und der liberale Reichskanzler Bethmann Hollweg sich gemeinsam für eine neue Kolonialpolitik aussprechen, die weniger auf militärische Repression als auf den Export von Bildungsgütern setzt, ist für den Kommentator der Conservativen Correspondenz ein Zeichen bedenklicher Illusionsbildung. Kultur und Gewalt, heißt es in der Weihnachtsausgabe apodiktisch, seien mitnichten Gegensätze, vielmehr verleihe Kultur »als höchste Sittlichkeit« der von ihr geforderten Gewalt »die Legitimität des Weltwillens«.1 Der gereizte Ton dieses Leitartikels und vor allem sein Titel — Kulturgeschwätz — verraten, daß man auf der Rechten den öffentlichen Gleichklang von Professor und Kanzler nicht als Einzelfall einschätzt, sondern als ärgerlich prominente Verstärkung eines ohnehin schädlichen Diskurses.
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Literatur
Vom Bruch, Rüdiger: Weltpolitik als Kulturmission. Auswärtige Kulturpolitik und Bildungsbürgertum in Deutschland am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Paderborn, München 1982
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Joch, M. (2004). Die ersten Schulmeister der Welt. In: Honold, A., Scherpe, K.R. (eds) Mit Deutschland um die Welt. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02955-3_47
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