Zusammenfassung
Während Burckhardt in seinen Vorlesungen die späte Weisheit eines alten Europäers zum Ausdruck brachte, bereitete Marx die Veröffentlichung des Kapitals vor, worin die ganze Geschichte auf einen sozialökonomischen Prozeß reduziert wird, der sich auf eine Weltrevolution und Welterneuerung zuspitzt. Als Vertreter der revolutionären Bewegung der vierziger Jahre in ihrer radikalsten Form wollte Marx den Verfall der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft nicht verzögern, sondern zur endgültigen Vollendung des historischen Gesamtprozesses vorantreiben. Zwar hatte der Autor der Kritik der politischen Ökonomie und des Kapitals mit seinem »ehemaligen philosophischen Gewissen abgerechnet« und sich entschieden der ökonomischen Analyse als der »Anatomie« der kapitalistischen Gesellschaft zugewendet, aber auch als »Materialist« blieb Marx ein Philosoph mit einem außerordentlichen historischen Sinn. Geschichtsphilosoph ist er jedoch weit weniger in seinen historischen Schriften (Die Klassenkämpfe in Frankreich von 1848 bis 1850, Der französische Bürgerkrieg und Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte) als im Kommunistischen Manifest und im Kapital. Denn der hervorstechendste Zug dieser beiden Werke ist nicht die dogmatische Hervorhebung des Klassenkampfes und der Beziehung zwischen Arbeit und Kapital, sondern die Hereinnahme all dieser Kategorien in eine umfassende historische Konstruktion. Wie Hegel in der Philosophie und F. C. Baur in der Theologie, so verwandelte auch Marx die Probleme seiner Spezialwissenschaft in ein Problem der Geschichte.
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Notizen
Marx-Engels-Gesamtausgabe, Frankfurt 1927 ff., I. Abt., I/1, S. 5 ff.
Ein Beitrag zur Kritik der politischen Ökonomie; wir zitieren nach der Volksausgabe, Berlin 1947, S. 14.
Die Deutsche Ideologie, Marx-Engels-Gesamtausgabe, I. Abt., V, S. 26 f.
Die Revolution von 1848 und das Proletariat, in K. Marx als Denker, Mensch und Revolutionär, Berlin 1928, S. 41.
Die folgenden Zitate stammen aus dem Kommunistischen Manifest.
Ein Beitrag zur Kritik der politischen Ökonomie, a.a.O., S. 13.
A.a.O. S. 13 f.
Vgl. M. Weber, Gesammelte Aufsätze zur Soziologie und Sozialpolitik, Tübingen 1924, S. 505 ff.; A. J. Toynbee, A Study of History, London 1934–39, V, 178f., 581 ff.; N. Berdjajew, The Russian Revolution. Vital Realities. New York 1932, S. 105 ff.
Ein Beitrag zur Kritik, a.a.O., S. 268 f.
Siehe L. Feuerbachs Vorwort zur ersten Auflage von Das Wesen des Christentums, SW. Bd. 7, Leipzig 1883; Briefwechsel und Nachlaß, hrsg. v. K. Grün, Leipzig 1884, I, 406 ff.; F. Engels, L. Feuerbach und der Ausgang der klassischen Philosophie, Wien und Berlin 1927, S. 39 ff.; S. Kierkegaard, Angriff auf die Christenheit. Agitatorische Schriften und Aufsätze. Hrsg. v. A. Dorner und Chr. Schrempf, Stuttgart 1896, Bd. 1.
Marx-Engels-Gesamtausgabe, I. Abt., I/1, S. 246 f.
Ebda. S. 607 ff.
Ebda. I. Abt., II, S. 427 f.
Vierte These über Feuerbach, Marx-Engels-Gesamtausgabe, I. Abt., V, 534.
Brief vom 27. Juli 1871 an Kugelmann.
Für eine genauere Analyse von Marx und Hegel siehe K. Löwith, Von Hegel zu Nietzsche, Stuttgart 1950; vgl. S. Hook: From Hegel to Marx, New York 1935; H. Marcuse, Reason and Revolution, Oxford University Press, 1941.
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Löwith, K. (2004). Marx. In: Weltgeschichte und Heilsgeschehen. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02944-7_3
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