Betrachtungen Goethes über Wissenschaften und Künste in den weimarischen Landen. Archivalisches Material aus Goethes amtlicher Tätigkeit 1955

Zusammenfassung

Daß Goethe in der Archivliteratur und in den archivalischen Fachzeitschriften bisher ein Gegenstand besonderer Wertschätzung und Behandlung gewesen sei, läßt sich wahrlich nicht behaupten. Seinem Namen begegnet man an diesen Stellen kaum. Das ist nicht verwunderlich; denn in seinem langen und beziehungsreichen Leben, über das wir wie selten über einen Menschen unterrichtet sind, haben sich unmittelbare Verbindungen zu den Archiven und zur Arbeit der Archivare bisher nicht aufdecken lassen. Sogar im örtlichen Bereich seiner Wirksamkeit in Stadt und Land Weimar, wo auf dem Felde von Wissenschaft und Kunst kaum ein Gebiet seiner Aufmerksamkeit und Förderung entgangen ist, sind Spuren einer Einwirkung auf das Archivwesen von seiner Seite aus nicht nachzuweisen. Die Weimarer Archive haben sich — anders als sonstige Weimarer Kulturinstitute — seiner Fürsorge nicht zu erfreuen gehabt, und als er einmal 1823 mit dem weimarischen Staatsarchiv in Berührung kam, da geschah es nur, um dessen bedeutendste Abteilung, das Ernestinische Gesamtarchiv, zu Gunsten der von ihm geleiteten Bibliothek aus seinen Räumen zu verdrängen. Das alles sieht fast danach aus, als hätten wir bei solcher Sachlage von den Archiven her wirklich keinen Anlaß und keine Möglichkeit, uns viel um Goethe zu bekümmern. Der in der immer noch beliebten und endlosen Reihe der Aufsätze zum unerschöpflichen Thema »Goethe und …« bisher ungeschrieben gebliebene Artikel über »Goethe und die Archive« wird daher wohl auch in Zukunft ungeschrieben bleiben.