Zusammenfassung
Im Sommer 1791 sah sich Mozart mit einem Opernauftrag konfrontiert, der im Grunde eine Zumutung war. Denn wie sollte er nach seinen Erfahrungen mit dem musikalischen Welttheater — in den drei mit Lorenzo da Ponte ausgearbeiteten Grenzüberschreitungen der Gattungstraditionen der Opera buffa und der Opera seria — noch eine Seria älteren Stils komponieren, dazu auf einen alten, bereits vielfach vertonten Text von Pietro Meta-stasio, den jeder kannte und der erstmals 1734 von Antonio Caldara vertont worden war? Als Opernlibretto, zumal in Mozarts inzwischen erreichter Sichtweise vom Drama, das durch die Musik konstituiert wird, kam Metastasios Text nicht mehr in Betracht, es sei denn, er würde umgearbeitet werden zu einer »vera opera«, einer richtigen Oper, was zunächst einmal heißt, daß aus der Schauspieldramaturgie Metastasios — Handlungsverlauf in den Secco-Rezitativen und Affektkulmination in den Arien — die musikalische Dramaturgie eines veritablen Librettos entstünde, die einzige für Mozart akzeptable Möglichkeit, die Situationen und die Charaktere der Hauptpersonen der Musik zugänglich zu machen. Die Bezeichnung »vera opera« in dem bekannten Eintrag Mozarts in sein eigenhändiges Werkverzeichnis besagt, nüchtern betrachtet, nichts mehr als das Verhältnis zur starren, konventionellen Dramaturgie der Opera seria Metastasios und enthält nicht unbedingt ein Qualitätsurteil. Die Umarbeitung des Textbuches, die der mit Da Ponte befreundete Librettist Caterino Mazzolà — wohl in enger Zusammenarbeit mit dem Komponisten — vorgenommen hatte, war jedenfalls fur Mo-zarts musikalische Bedurfnisse ausreichend genug, um komponiert zu werden.
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Weiterführende Literatur
Helga Lühning, Titus-Vertonungen im 18. Jahrhundert. Untersuchungen zur Tradition der Opera seria von Hasse bis Mozart, Laaber 1983
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Holland, D. (2003). Mozarts geniale musikalische Experimente La clemenza di Tito — die Rückkehr zur Opera seria?. In: Krellmann, H., Schläder, J. (eds) »Der moderne Komponist baut auf der Wahrheit«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02925-6_34
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-02925-6_34
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-01946-2
Online ISBN: 978-3-476-02925-6
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