Zusammenfassung
Als am 1. Mai 1786, drei Jahre vor Ausbruch der Französischen Revolution, Mozarts Figaro am Wiener Hof uraufgeführt wurde, konnte dies als ein gewagter Akt politischer Subversion gedeutet werden. Auf ausdrücklichen Wunsch von Mozart hatte Da Ponte sich jenes Stück von Beaumarchais als Vorlage für das Libretto genommen1, das 1784 unter dem Titel La folle journée ou Le Mariage de Figaro einen sensationellen Erfolg feiern konnte. Es war ein Stück, das in ganz Europa als revolutionär verstanden wurde, von dem Ludwig XVI. später meinte, es habe den Sturm auf die Bastille angekündigt, und zu dem Napoleon lapidar bemerkte, es sei das Fanal der Revolution gewesen. Solche Urteile gründeten weniger auf bestimmten, politisch als provokant empfundenen Einzelaspekten des Stückes, etwa darauf, daß hier ständische Privilegien gegen den Geist der Zeit wiederbelebt werden sollten, feudale Umgangsformen bloßgestellt werden, die Domestiken sich als den Herren überlegen erweisen, Erotik zur Ware verkommt und Intrigen die vorgegebene soziale Ordnung zersetzen. Sie gründeten vielmehr in der Überzeugung, daß das Gesamttableau der Komödie eine Situation vorführte, in der sich die sozialen und gesellschaftlichen Widersprüche des alten Ständesystems wie in einem Brennglas verdichteten. La falle journée erschien den Zeitgenossen als Theatralisierung all jener Gründe, die wenig später mit dazu beitrugen, daß die revolutionären Sprengsätze in Paris erfolgreich gezündet werden konnten.
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Weiterführende Literatur
Udo Bermbach, Wo Macht ganz auf Verbrechen ruht. Politik und Gesellschaft in der Oper, Hamburg 1997
Volkmar Braunbehrens, Mozart in Wien, München 1988
Georg Kepler, Wolfgang Amadé Mozart, Berlin 1991
Stefan Kunze, Mozarts Opern, Stuttgart 1984
Ulrich Schreiber, Die Kunst der Oper. Geschichte des Musiktheaters, Band I: Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution, Frankfurt am Main 1988
Doris Bachmann-Medick, Die ästhetische Ordnung des Handelns. Moralphilosophie und Ästhetik in der Popularphilosophie des 18. Jahrhunderts, Stuttgart 1989
Terry Eagleton, Ästhetik. Die Geschichte ihrer Ideologie, Stuttgart und Weimar 1994
Bernhard Groethuysen, Philosophie der Französischen Revolution, Neuwied und Berlin 1971
Albert Soboul, Die Große Französische Revolution, 2 Bände, Frankfurt am Main 1973
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Bermbach, U. (2003). Revolution als Gesellschaftsspiel Mozarts Figaro als politisches Stück. In: Krellmann, H., Schläder, J. (eds) »Der moderne Komponist baut auf der Wahrheit«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02925-6_28
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