Zusammenfassung
Kaum ein Komponist der Generation 1925–35 hat es besser verstanden, seine Kollegen gegen sich aufzubringen, als Krzysztof Penderecki. Weil seine Anfänge so spektakulär, so innovativ waren, das heißt: weil sie zu den »kühnsten Hoffnungen berechtigten«, verübelte man ihm den Widerruf, den er mit seinen religiösen Werken geleistet hatte, aufs heftigste. Es schien, als habe er ein Tabu verletzt, einen Vertrag gebrochen, den er mit den Dimensionen der Zeit und der Stille oder Anaklasis unterschrieben hatte. Die Solidarität der Avantgarde, die, obwohl sie nirgends kodifiziert war, schloß den refus gegen das schlecht Bestehende (Adorno) ein. Die Gesellschaft, geeicht auf Verdinglichung und Kommerz, schien nur den mit Erfolg zu belohnen, der sich ihrem schmutzigen Betrieb einpaßte, sich mit Erfolg vermarkten ließ. Musik konnte, wollte sie sich von den Pollutionen des Betriebes fernhalten, ihre Spitze nur gegen diesen richten. Jeder Kompromiss zählte nicht nur als privater Lapsus, sondern als eine Art »Verrat« an der Sache selbst, der Musik. Henze war wohl der erste, der, als er gegen solche Exklusivität revoltierte, das zu spüren bekam. Nun wäre einzuwenden, daß keine Gesellschaft so gelungen ist, als daß sie nicht noch zu verbessern wäre. Und wenn Musik, Kunst überhaupt, in einer kommerziell »durchgestylten« Welt eine Funktion haben kann, so ist jene, diese über sich selbst aufzuklären.
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Anmerkungen
Rudolph AngermUller, Sigismund Neukomm. München-Salzburg 1977, 143
Vgl. dazu Clytus Gottwald, Mythos Bach. Bach und die Moderne. Hrsg. von Dieter Schnebel. Wiesbaden 1995, 9–19 (Wolfenbutteier Studien 65)
Brunhilde Kaack, Pendereckis Zwölftonrei. Musica 29 (1975) 9–15; Manfred Schuler, Das B-A-C-H-Motiv in Pendereckis Lukaspassion. Kirchenmusikalisches Jahrbuch 65 (1981) 105–111; Ray Robinson, Bach influences in the Penderecki St. Luke Passion. A Bach Tribute. Essays in honour of William H. Scheide. Kassel 1993, 189–203
Wolfram Schwinger, Penderecki. Leben und Werk. Stuttgart 1979, 214f
Peter Andraschke, Geistliche Musik als politisches Bekenntnis. Kirchenmusikalisches Jahrbuch 79 (1995) 125–133
Andreas Lawaty, Polnische Wirtschaft. Die Künstlergilde. 2001/3, 4–9
Gustav Freytag, Soll und Haben. München 1977, 330f
Pierre Boulez, …Auprès et au loi. Cahiers de la Compagnie Madeleine Renaud/ Jean Louis Barrault. I, Heft 3. 1954, 7–24.
Christoph von Blumroeder, Die Grundlegung der Musik Karlheinz Stockhausens. Stuttgart 1993
Hermann Hesse, Das Glasperlenspiel. Bd 1.2. Zürich 1943
Johan Huizinga, Homo Iudens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Hamburg 1987
Frederik J.J. Buytendijk, Wesen und Sinn des Spiels. 1933
Hans-Georg Gadamer, Wahrheit und Method. Bd 1.2. Tübingen 1990, hier Bd 1, 106–139
Herman Sabbe, Die Einheit der Stockhausen-Zeit. Musik-Konzepte 19 (1981) 49
Vinko Globokar, Das schwarze Orchester. In: ders, Einatmen-Aus at men. Hofheim 1994, 139–157
Karlheinz Stockhausen, Text. Bd. 2. Hrsg. von Dieter Schnebel. Köln 1964, 49
Blumroeder (1993) 14; auch Sabbe (1981) 63 und Stockhausen, Text. Bd 3. Köln 1971, 155–158
Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum. Bd 57 (Augustini Opera Bd 2,4). Hrsg, von A. Goldbacher. Wien-Leipzig 1911, 383; vgl. auch Augustinus, De perfectione iustitiae homini. Patrologiae cursus completus. Hrsg. von J.-P. Migne. Series latina. Bd 44. Paris 1865, 291–318
Vgl. dazu Nicolai Hartmann, Möglichkeit und Wirklichkeit. 2/Meisenheim 1949
Hermann Hesse, Das Glasperlenspiel. Frankfurt 1970, 285f
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Gottwald, C. (2003). Krzysztof Penderecki und Karlheinz Stockhausen. In: Neue Musik als spekulative Theologie. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02923-2_7
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Online ISBN: 978-3-476-02923-2
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