Zusammenfassung
Die musikalische Moderne wird mit Begriffen wie Aufklärung, Rationalität, Intellektualität, negativ mit Begriffen wie Gefühlskälte, Traditionsfeindschaft oder Dogmatik zusammengedacht, kaum jedoch mit dem Begriff Religion. Darin scheinen sich die Moderne und ihre Kritiker einig zu sein: Religion war im 20. Jahrhundert nur noch als Reservat gesellschaftlicher Zurückgebliebenheit zu notieren, als ein Bewußtseinsstand, der mit den Zielen der Moderne und auch der Post-Moderne, sofern solche überhaupt zu definieren sind, nicht zu vereinbaren war. Nun bleibt dem Kenner nicht verborgen, daß die emanzipierte Kunstmusik des 19- Jahrhunderts eine Fülle von religiösen Werken hervorgebracht hat, obwohl oder weil sie jede Bindung an liturgische Vorgaben aufgekündigt hatte — von Beethovens Gellert-Liedern über Mendelssohns und Spohrs Oratorien zu Schumanns Requiem für Mignon, Liszts Christus und Heilige Elisabeth, Brahmsens Deutschem Requiem und Brückners Sinfonien. Auch in der Oper lebte sich der Drang nach Religiösem aufs heftigste aus: Man erinnere sich nur an Rossinis Moses in Ägypten, an Méhuls Joseph, an Meyerbeers Prophet und Hugenotten, an Wagners Parsifal. Das Gebet gehört seit Rossinis berühmtem Moses-Gebet zum unverrückbaren Bestandteil auch jener Opern, die nicht Religiöses thematisierten.2
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Anmerkungen
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Gottwald, C. (2003). Einige Voraussetzungen und Aspekte. In: Neue Musik als spekulative Theologie. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02923-2_1
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