Zusammenfassung
Die Anfangsjahre des Kinos fallen in die Aufbruchphase der ersten Frauenbewegung. 1894 zum Beispiel wurde der ›Bund deutscher Frauenvereine‹ gegründet, der sich bald zu einer beachteten politischen Kraft entwickelte, und die Sexualreformerin Helene Stöcker veröffentlichte im ›Volkserzieher‹ ihre ›Frauengedanken‹: »Ist es, weil das Weib bisher überhaupt nicht denken durfte, daß es nun auch nicht über sich als Geschlechtswesen zu denken wagt?« Stoff, über sich als ›Geschlechtswesen‹ nachzudenken, gab das Kino bald genug, und Frauen aller Klassen und Schichten nahmen die Gelegenheit wahr — ein Grund dafür, daß die ›Bildungsbürger‹ sich aufgerufen sahen, gegen Ausbreitung und Etablierung der neuen Einrichtung vorzugehen: »Statt Sittlichkeit finden wir Sinnlichkeit«, empörte sich 1910 Pastor Walter Conradt als einer der sogenannten Kinoreformer. (Kirche und Kinematograph. Berlin 1910). Doch merkwürdig, die Frauenbewegung setzte dem Kampf der Kinoreformer nichts entgegen, nicht einmal ihr radikaler sexualpolitischer Flügel. Sie schwieg weitgehend, und wenn sie vereinzelt Stellung bezog — wie etwa die Ärztin Ike Spier in ›Die neue Generation‹ — dann aus der gleichen Sorge vor der »sexuellen Gefahr im Kino« wie die Wächter herrschender Kultur und Sitte.
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Schlüpmann, H. (2004). Ein feministischer Blick. In: Jacobsen, W., Kaes, A., Prinzler, H.H. (eds) Geschichte des deutschen Films. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02919-5_15
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