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Pferdewechsel — Farbenwechsel

Zur Transformation des adligen Selbstbildes in Kleists ›Prinz Friedrich von Homburg‹

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Kleist-Jahrbuch 2003

Part of the book series: Kleist-Jahrbuch ((KLJA))

Zusammenfassung

Im 426. Aphorismus der ›Morgenröthe‹ spricht Friedrich Nietzsche von einer »Farbenblindheit der Denker«, die, einer Signatur vergleichbar, in jedem gedanklich durchgebildeten Œuvre eine für dessen Autor charakteristische Spur hinterlasse:

Jeder Denker malt seine Welt und jedes Ding mit weniger Farben, als es giebt, und ist gegen einzelne Farben blind. Dies ist nicht nur ein Mangel. Er sieht vermöge dieser Annäherung und Vereinfachung Harmonien der Farbe in die Dinge hinein, welche einen großen Reiz haben und eine Bereicherung der Natur ausmachen können. Vielleicht ist dies sogar der Weg gewesen, auf dem die Menschheit den Genuss im Anblick des Daseins erst gelernt hat: dadurch, dass ihr dieses Dasein zunächst in einem oder zwei Farbtönen und dadurch harmonisirt vorgeführt wurde: sie übte sich gleichsam auf diese wenigen Töne ein, bevor sie zu mehreren übergehen konnte. Und noch jetzt arbeitet sich mancher Einzelne aus einer theilweisen Farbenblindheit in ein reicheres Sehen und Unterscheiden hinaus: wobei er aber nicht nur neue Genüsse findet, sondern auch immer einige der früheren aufgeben und verlieren muss.1

Die farbige Spur der Gedankenbildung in Texten erscheint demnach wesentlich ambivalent: Sie ist eine der Verwerfungen und Verluste an phänomenaler Mannigfaltigkeit, zugleich aber auch eine der Verdichtung und Intensivierung der Urteils- und Unterscheidungsfähigkeit. An kaum einem Autor läßt sich das besser studieren als an Heinrich von Kleist, dem Repräsentanten einerseits der anbrechenden ›modernen Literatur‹ und andererseits einer gut tausendjährigen Adelskultur in der Endphase ihres Zerfalls.

’Twas not by ideas, — by heaven!

his life was put in jeopardy by words.

(Laurence Sterne, ›Tristram Shandy‹)

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Notizen

  1. Friedrich Nietzsche, Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe, hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, Bd. 3, zweite Auflage, München 1988, S. 262 (Nr. 426). Vgl. zu diesem Aphorismus Andrea Orsucci, Die geschichtliche Entwicklung des Farbensinns und die »Linguistische Archäologie« von L. Geiger und H. Magnus: Ein Kommentar zum Aphorismus 426 von ›Morgenröthe‹. In: Nietzsche-Studien 22 (1993), S. 243–256.

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  2. DKV III, 222. — Die Diskussion um den Schwarz-Weiß-Antagonismus der Erzählung bewegt sich zwischen Interpretationen seines abstrakten Formalismus und seiner Fundierung im zeitgenössischen Rassendiskurs. Stellvertretend für die erste Position siehe Roland Reuß, ›Die Verlobung in St. Domingo‹ — eine Einführung in Kleists Erzählen. In: Berliner Kleist-Blätter 1 (1989), S. 3–45, hier S. 17 f.: »Herrschend ist die abstrakteste Entgegensetzung in der Äußerlichkeit: der ›Farbe‹. Wie wenig eine solche Äußerlichkeit den Menschen als solchen charakterisiert, zeigt sich schon daran, daß es offenbar ohne Schwierigkeiten möglich ist, ›die Farbe‹ zu ›wechseln‹. Im Kampf zwischen ›Schwarzen‹ und ›Weißen‹ ist das Währende das sich kontinuierende Morden jener an diesen, in dem sich die weitere Entgegensetzung von Leben und Tod austrägt. Demgegenüber bleibt eine Frage wie die nach Kleists Rassenvorurteilen eher vordergründig. Was der Text ›Neger‹ nennt, bemißt sich nach anderen Kriterien als denen, die in der Perspektive einer solchen Fragestellung in den Blick kommen.« Zur Kritik an dieser Perspektive als einer enthistorisierenden und entpolitisierenden Ästhetisierung vgl. — wiederum stellvertretend — Hansjörg Bay, »Als die Schwarzen die Weißen ermordeten«. Nachbeben einer Erschütterung des europäischen Diskurses in Kleists Verlobung in St. Domingo‹. In: KJb 1998, S. 80–108. Außer Frage steht allerdings die hohe Artifizialität, die Kleists Umgang mit der Schwarz-Weiß-Dichotomie auszeichnet. Von daher verhindert gerade das Phänomen des Farbenwechsels eine Dogmatisierung der historisch-diskursanalytischen Näherung: »Daß die Charaktere der Figuren nicht unauflöslich mit ihrer Hautfarbe verbunden sind, deutet darauf hin, daß hinter deren metaphorischer Interpretation keine wirklich biologistische Rassenvorstellung steht. Eher handelt es sich um eine Art Physiognomik der Kultur und des erreichten Zivilisationsstandes« (S. 92, Anm. 26).

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  3. Sander L. Gilman, The Aesthetics of Blackness in Heinrich von Kleists ›Die Verlobung in St. Domingo‹. In: Modern Language Notes 90 (1975), S. 661–672.

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  4. Vgl. in den ›Kategorien‹ des Aristoteles die Bemerkung über natürliche Farbenwechsel (metabolē chromátōn), wie etwa das Erröten aus Scham oder das Erbleichen aus Angst: gígnontai dià páthos pollaì metabolaì chrōmátōn — »vielerlei Farbwechsel geschehen aufgrund von Erregung«; Cat. 8,9b12, zitiert nach: Aristoteles, Organon, Bd. 2, Kategorien. Hermeneutik. Griechisch und deutsch, hg., übersetzt, mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von Hans Günter Zekl, Hamburg 1998 (Philosophische Bibliothek; 493), S. 54. — Cicero führt in seiner ›Topica‹ den affektischen Farbenwechsel als locus der Beweisermittlung aus den Begleitumständen (ab adiunctis) auf. Im Kontext des Kriminalprozesses kann er als verdachterregendes Indiz (ad coniecturales causas) genutzt werden: at post rem: pallor rubor titubatio, si qua alia signa conturbationis et conscientiae — »nach dem Ereignis hingegen dies: Erblassen, Erröten, Verlegenheit und andere mögliche Zeichen von Verwirrung und Gewissensbissen« (Top. XII,52), zitiert nach: Marcus Tullius Cicero, Topik, Lateinisch — Deutsch, übersetzt und mit einer Einleitung hg. von Hans Günter Zekl, Hamburg 1983 (Philosophische Bibliothek; 356), S. 34.

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  5. Zur historisch-anthropologischen Perspektivierung dieser elementaren Farbenordnung siehe Michel Pastoureau, Vers une histoire sociale des couleurs. In: Ders., Couleurs, Images, Symboles. Etudes d’histoire et d’anthropologie, Paris o.J. [1989], S. 9–68. Eine Historisierung der triadischen Farbdramaturgie Kleists versucht Wolfgang Struck, Schwarz — Weiß — Rot, oder: »Lernt des Verräthers Mitleid in Domingo«. ›Die Verlobung in St. Domingo‹ zwischen Befreiungskrieg und Kolonialismus. In: KJb 1999, S. 203–214.

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  6. Franz Kafka, Briefe 1900–1912, hg. von Hans-Gerd Koch, Frankfurt a. M. 1999, S. 42 (Brief an Max Brod, Herbst 1904).

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  7. Zitate im folgenden nach: DKV II, 555–644.

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  8. Jan-Dirk Müller, Kleists Mittelalter-Phantasma. Zur Erzählung ›Der Zweikampf‹ (1811). In: KJB 1998, S. 3–20.

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  9. So nennt der Prinz den Kurfürsten in I/1 »Vater« (Vs. 66) und imaginiert sich selbst ex negativo als Sohn, der vom fürstlichen Vater zu Richtplatz und Opferstätte geführt wird: »Bei Gott, in mir nicht findet er den Sohn, / Der, unterm Beil des Henkers, ihn bewundre« (II/10, Vs. 782 f.). Diese Vorstellung wird scheinbar dadurch bestätigt, daß der Kurfürst seinerseits den Prinzen mit »mein Sohn« (V/7, Vs. 1784) anspricht, freilich erst in dem Augenblick, in dem ihm die bevorstehende Exekution des Prinzen das Ende des familiären Rivalen in Aussicht stellt. Schließlich kommt auch noch die Möglichkeit einer illegitimen Sohnschaft in Betracht: Wenn der Kurfürst in Vs. 1566–69 spricht: »Den Sieg nicht mag ich, der, ein Kind des Zufalls, / Mir von der Bank fällt; das Gesetz will ich, / Die Mutter meiner Krone, aufrecht halten, / Die ein Geschlecht von Siegen mir erzeugt.«, dann klingt darin per antonomasiam Name und Status dessen an, der den illegitimen Sieg gebracht hat: Prinz Friedrich von Homburg als ›Bankert‹ seines Vaters Friedrich von Brandenburg. Zur genealogischen Problematik bei Kleist vgl. Anthony Stephens, Kleists Familienmodelle. In: Ders., Kleist — Sprache und Gewalt, mit einem Geleitwort von Walter Müller-Seidel, Freiburg i. Br. 1999, S. 85–102.

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  10. Zum Grimmschen Märchen siehe Jacob und Wilhelm Grimm, Kinder- und Hausmärchen gesammelt durch die Brüder Grimm, vollständige Ausgabe auf der Grundlage der 3. Auflage (1837), hg. von Heinz Rölleke, Frankfurt a. M. 1985, S. 757–765 (KHM 136); zur Motivgeschichte des Drei-Tage-Turniers vgl. Jessie L. Weston, The Three Days’ Tournament. A Study in Romance and Folk-Lore, London 1902; Jeanine Delcourt-Angélique, Le motif de tournoi de trois jours avec changement de couleur, destiné à préserver l’incognito. In: An Arthurian Tapestry. Essays in Memory of Lewis Thorpe, hg. von Kenneth Varty, Glasgow 1981, S. 160–186.

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  11. Ulrich von Zatzikhoven, Lanzelet. Eine Erzählung, hg. von K. A. Hahn, mit einem Nachwort und einer Bibliographie von Frederick Norman, Nachdruck der Ausgabe Frankfurt a. M. 1845, Berlin 1965; Ulrich von Zatzikhoven, Lanzelet. Mittelhochdeutsch und Neuhochdeutsch von Wolfgang Spiewok, Greifswald 1997 (Wodan; 71). Zu einer Neuinterpretation auf der Grundlage heraldischen Denkens siehe demnächst Hans Jürgen Scheuer, Farbige Verhältnisse. Literarisch-anthropologische Untersuchungen zum Zusammenspiel von Farbpoetik und Adelskultur (Habilitationsschrift Göttingen 2000).

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  12. Der Ausdruck »Farbengeometrie« soll darauf aufmerksam machen, daß heraldische Farben nicht primär visuelle Qualitäten und Gegenstände der Optik sind, sondern mentale Größen der Imagination und des Gedächtnisses. Sie markieren konzeptuelle Örter, indem sie z.B. eine Position oder Fläche rot oder golden markieren, unabhängig davon, ob die dort angesiedelte Sache oder Struktur eine entsprechende natürliche Farbe oder Stofflichkeit hat. Insofern könnte man sagen, daß heraldische Farben die formalen oder pikturalen Elemente, auf die sie im Wappenschild stoßen, nach ihrer auf dem Wechsel von Tinkturen und Metallen beruhenden Kombinatorik überziehen und formatieren. Zu den einfachen Regeln der Heraldik siehe Michel Pastoureau, Traité d’ Héraldique, 2ième édition revue et augmentée, Paris 1993.

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  13. Zum Verhältnis von »Fallgesetz« und Kontingenz (»Zufall«) in der Poetik Kleists siehe Werner Hamacher, Das Beben der Darstellung. Kleists ›Erdbeben in Chili‹ In: Ders., Entferntes Verstehen. Studien zu Philosophie und Literatur von Kant bis Celan, Frankfurt a. M. 1998, S. 235–279 (zuerst in: Positionen der Literaturwissenschaft. Acht Modellanalysen am Beispiel von Kleists ›Das Erdbeben in Chili‹ hg. von David E. Wellbery, München 1985, S. 149–173) sowie Jan Mieszkowski, Breaking the Laws of Language: Freedom and History in Kleists ›Prinz Friedrich von Hornburg‹ In: Studies in Romanticism 39 (2000), Nr. 1, S. 111–137.

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  14. Die neueren Kommentatoren zeigen sich entsprechend zurückhaltend: Sie verzeichnen den Widerspruch zwischen beiden Stellen und ordnen die Abweichung dem Kontext eines impliziten Sündenfallszenarios (vgl. DKV II, 1272f.) oder — zusätzlich — einem »›Rückfall‹ in die Traumwelt« zu. Vgl. Bernd Hamacher, Erläuterungen und Dokumente. Heinrich von Kleist. Prinz Friedrich von Homburg, Stuttgart 1999 (RUB; 8147), S. 37.

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  15. Auf diese Analogiekonstruktion hat erstmals John Martin Ellis in seiner Monographie ›Heinrich von Kleist. Studies in the Character and Meaning of his Writings‹ (Chapel Hill 1979) aufmerksam gemacht: »Contrast and parallelism are present in the colors of the horses, for both men apparently change the color of their horses: They begin as opposites (black and white) but finish the battle on horses that are merely different shades of brown, ›Fuchs‹ and ›Goldfuchs‹ respectively. A general pattern of the relations of the two is shown as contrast ends in identification, and their initial opposition turns out to be illusory; at first they seem quite different in character, but as the play progresses their underlying similarity becomes increasingly apparent« (S. 106 f.). Die Differenz dieser Beobachtung zur hier vorgetragenen besteht in der Deutung der Analogie als Entwicklungsmodell, das nach dem Muster des Bildungsromans keine Umkehrbarkeit zuläßt und so die logische Konstruktion naturalisiert. Entsprechend werden in den Bezeichnungen ›Fuchs‹ und ›Goldfuchs‹ keine heraldisch formatierenden Farben gesehen, sondern Abtönungen des natürlichen Fells (»merely different shades of brown«). — Weiter führen die Überlegungen Nancy Nobiles (The School of Days. Heinrich von Kleist and the Traumas of Education, Detroit 1999), die den Farbenwechsel der Pferde auf einer Ebene mit den Buchstabenwechseln der Kleistschen Logogryphen diskutiert. Sie reinterpretiert die Ellis’sche Formel von »contrast and parallelism« formal strikter als Chiasmus, in dessen Bahnen »both trauma and transformation occur«: im Sinne einer »Durchkreuzung« des Prinzen von Homburg (S. 209). Die lacanianisch inspirierte Lektüre wendet sich dann aber von der Signifikanz des Farbenwechsels ab und dem historischen Symbolismus der vier miteinander verschränkten Pferde zu, die sie als auseinanderstrebendes Gespann betrachtet und insofern als Nachbild zum »quintessential symbol of Berlin and Prussian power: the ›Brandenburger Tor‹ surmounted by the quadriga of victory« (S. 211). Während Psychoanalyse die Objekte ihres Interesses nach deren Funktion innerhalb gelingender (transformation) oder nicht gelungener Symbolisierungsprozesse (trauma) wählt und bewertet, hält die hier vorgeschlagene Lektüre des Farbenwechsels die Spannung zwischen Zeichen und Symbol konzeptionell offen: heraldische Farben sind weder free floating signifiers (reine Formen) noch Produkte der symbolischen Manifestation eines sonst unzugänglichen Psychismus. Sie dienen als Farbmarken der Objekterkennung in der Bewegung — bei Kleist: der Lektürebewegung vom ersten Wort des Schauspiels bis zum letzten und wieder zurück in umgekehrter Leserichtung.

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  16. Im ›Lanzelet‹ Ulrichs von Zatzikhoven heißt es nach dem entscheidenden Zweikampf zwischen dem Protagonisten und seinem äquivalenten Gegner Iweret ausdrücklich: »nu wart Iweret begraben / dâ unser ritter solte ligen« (Vs. 4657 f.). Die Begegnung des Prinzen mit dem eigenen Grab mag daher zwar (auch) auf die Totengräber-Szene aus Shakespeares ›Hamlet‹ (V/1) anspielen, wo topisch-dialektisch darüber räsonniert wird, wem Ophelias Grab sonst zugedacht (gewesen) sein könnte, und Hamlet schließlich zu Ophelias Bruder Laertes in die frisch ausgehobene Grube springt: »Be buried quick with her, and so will I« (Vs. 275; zitiert nach: The Arden Shakespeare. Hamlet, ed. by Harold Jenkins, London und New York 1982). Doch wird die darstellerische Möglichkeit einer solchen antizipatorischen Begegnung im Sinne einer raumzeitlichen, topisch argumentativen Inversion offensichtlich erstmals in den mittelalterlichen Lanzelot-Bearbeitungen ausgespielt.

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  17. Zur Bedeutung dieses gestisch-performativen Impulses für Kleists Poetik siehe Helmut J. Schneider, Standing and Falling in Heinrich von Kleist. In: Modern Language Notes 115 (2000), Nr. 3, S. 502–518.

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  18. Vgl. Lothar Bornscheuer, Topik. Zur Struktur der gesellschaftlichen Einbildungskraft, Frankfurt a. M. 1976, S. 36: »Beide Bewegungsrichtungen sind die komplementären Momente der obersten dialogisch-argumentatorischen organon-Aufgabe: Grundpositionen zu formulieren (protaseis) bzw. im fortgesetzten Für und Wider, von immer neuen Standpunkten aus, in utramque partem zu differenzieren und zu beurteilen.«

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  19. Der biographisch-tagespolitische Anspielungshintergrund des von Kleist erwähnten Pferdekaufs ist rekonstruiert worden von Horst Häker, Heinrich von Kleist. ›Prinz Friedrich von Homburg‹ und ›Die Verlobung in St. Domingo‹. Studien, Beobachtungen, Bemerkungen, Frankfurt a. M. [u.a.] 1987 (Europäische Hochschulschriften; I, 946), S. 128–131.

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  20. Dabei ist die Gegentendenz zu scharfen Schwarz-Weiß-Kontrasten nicht zu übersehen. Diese zeigen sich, z. T. versteckt, ebenfalls über den gesamten Text verteilt: der Schimmel gegenüber dem Rappen, die schwarze Bandage des Prinzen gegenüber dem Weiß von Natalies Handschuh, die Nachtviole gegenüber den Nelken und Levkojen — vom griechischen leukós, d. h. »weiß«; vgl. Hamacher, Erläuterungen (wie Anm. 14), S. 68.

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  21. Zur Bedeutung dieser im ›Prinz Friedrich von Homburg‹ immer wiederkehrenden gestischen Partikel siehe Mieszkowski, Breaking the Laws of Language (wie Anm. 13), S. 123 f.: »›Gleichviel!‹ — an exclamation that subsequently multiplies to the point that it virtually becomes the central word in the play.«

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  22. In diesen Zusammenhang ließe sich eine weitere sprachliche Beobachtung Jan Mieszkowskis einordnen, daß nämlich Friedrich, der Name des Prinzen, als Rollenbezeichnung zwar allgegenwärtig ist, in der gesprochenen Rede aber niemals genannt wird: »The Prince is referred to as ›Friedrich‹ only in the title of the play and in the list of the characters at the beginning of the text. To the other characters (and himself), he is always ›Arthur‹.« Mieszkowski, Breaking the Laws of Language (wie Anm. 13), S. 123, Anm. 18.

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  23. Heinrich von Kleist, Prinz Friedrich von Homburg. Ein Schauspiel, nach der Heidelberger Handschrift hg. von Richard Samuel unter Mitwirkung von Dorothea Coverlid, Berlin 1964, S. 208.

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  24. Joel Fineman, The History of the Anecdote: Fiction and Fiction. In: The New Historicism, ed. by H. Aram Veeser, New York und London 1989, S. 49–76, hier S. 61. Für den Hinweis auf diesen Essay danke ich Gerhard Neumann. Grundlegend für eine Diskussion der hier angeschnittenen Frage des Geschichtsdramas ist außerdem Werner Hamacher, Über einige Unterschiede zwischen der Geschichte literarischer und der Geschichte phänomenaler Ereignisse. In: Kontroversen, alte und neue. Akten des VII. Internationalen Germanisten-Kongresses Göttingen 1985, Bd. 11, Historische und aktuelle Konzepte der Literaturgeschichtsschreibung, hg. von Wilhelm Vosskamp und Eberhard Lämmert, Tübingen 1986, S. 5–15.

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  25. Daß Kleist einen solchen Paradigmenwechsel nicht nur hier, sondern auch in anderen Gestaltungen der Pferdemotivik im Auge hatte, ließe sich mit Blick etwa auf den ›Michael Kohlhaas‹ und die hoch bedeutsame ›Fabel ohne Moral‹ erhärten. Für den letztgenannten Text ist dies bereits geleistet worden in einem brillanten Essay von Eric Baker, Fables of the Sublime: Kant, Schiller, Kleist. In: Modern Language Notes 113 (1998), S. 524–536, besonders S. 534–536. Meine abschließenden Überlegungen gehen auf seine Lektüre zurück.

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  26. Die Differenz zwischen pulchritudo vaga und pulchritudo adhaerens wird in § 16 der ›Kritik der Urteilskraft‹ auseinandergesetzt. In § 47, einer Erläuterung zum vorangehenden Paragraphen über die »Schöne Kunst« als »Kunst des Genies«, findet sich zudem eine Ausführung über das »Schulgerechte«, die Kleists Froben-Charakteristik genauer einzuordnen hilft: »Obzwar mechanische oder schöne Kunst, die erste als bloße Kunst des Fleißes und der Erlernung, die zweite als die des Genies, sehr voneinander unterschieden sind, so gibt es doch keine schöne Kunst, in welcher nicht etwas Mechanisches, welches nach Regeln gefaßt und befolgt werden kann, und also etwas Schulgerechtes die wesentliche Bedingung der Kunst ausmachte. Denn etwas muß dabei als Zweck gedacht werden, sonst kann man ihr Produkt gar keiner Kunst zuschreiben; es wäre ein bloßes Produkt des Zufalls. Um aber einen Zweck ins Werk zu richten, dazu werden bestimmte Regeln erfordert, von denen man sich nicht freisprechen darf. Da nun die Originalität des Talents ein (aber nicht das einzige) wesentliches Stück vom Charakter des Genies ausmacht, so glauben seichte Köpfe, daß sie nicht besser zeigen können, sie wären aufblühende Genies, als wenn sie sich vom Schulzwange aller Regeln lossagen und glauben, man paradiere besser auf einem kollerichten Pferde als auf einem Schulpferde.« Siehe Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft, hg. von Karl Vorländer, Nachdruck der 6. Auflage 1924, Hamburg 1974 (Philosophische Bibliothek; 39 a), S. 163 f. — Demnach trüge Froben als Ausbilder der »Schulpferde« die Züge des — nach Kant — rechtverstandenen Genies der schönen Kunst.

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  27. Vgl. Hans Jürgen Scheuer, Verlagerung des Mythos in die Struktur. Hölderlins Bearbeitung des Orpheus-Todes in der Odenfolge ›Muth des Dichters‹ — ›Dichtermuth‹ — ›Blödigkeit‹. In: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 45 (2001), S. 250–277.

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Scheuer, H.J. (2003). Pferdewechsel — Farbenwechsel. In: Blamberger, G. (eds) Kleist-Jahrbuch 2003. Kleist-Jahrbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02897-6_4

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