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Zusammenfassung

Es besteht kein Zweifel daran, dass sich die musikhistorische Bedeutung der Musikaliensammlung der Sing-Akademie zu Berlin weit über die Bachiana hinaus erstreckt. Vielmehr scheint mit einem Großteil ihres handschriftlichen Bestands eine Art Gedächtnis der Berliner Musikkultur der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vorzuliegen. Darauf weist nicht nur die große Zahl von Musikalien der im Dienst der preußischen Könige Friedrich II. und Friedrich Wilhelm II. stehenden Musiker hin, sondern auch der nicht unbedeutende Anteil von Noten auswärtiger, in Berlin geschätzter Komponisten, allen voran Johann Adolf Hasse. Bezeichnenderweise handelt es sich dabei überwiegend um norddeutsche Meister. Mannheimer, Wiener und andere süddeutsche Komponisten sind dagegen vergleichsweise spärlich vertreten, ebenso die zeitgenössischen Italiener und Franzosen. Damit soll keineswegs behauptet werden, dass ihre Musik in Berlin ignoriert wurde — ganz gewiss geschah dies nicht. Teilweise dürfte aber die bessere Verfügbarkeit von Drucken dafür verantwortlich sein, dass keine Abschriften hergestellt bzw. angeschafft wurden. Gleichwohl erwecken die Proportionen innerhalb der Sammlung den Eindruck, dass sich das Hauptinteresse beim Sammeln und Bewahren tatsächlich auf die norddeutsche Musik richtete, und hier insbesondere auf die Berliner Musik der 1740er bis 1760er Jahre. Dies bestätigt die bekannten retrospektiven Tendenzen in der Berliner Musikkultur, die in der Musikgeschichtsschreibung immer wieder negativ bewertet worden sind.

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Literatur

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Henzel, C. (2002). Die Musikalien der Sing-Akademie zu Berlin und die Berliner Graun-Überlieferung. In: Wagner, G. (eds) Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02886-0_5

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