Zusammenfassung
Das Werk von Günter Grass hat für die Problematik des Tabubruchs im ästhetischen, moralischen und religiösen Bereich geradezu das Exempel eines überaus erfolgreichen Autors in der kritischen Literatur der Gegenwart statuiert. Seit dem Erscheinen des Erstlingswerks Die Blechtrommel wurde immer wieder von der Pervertierung christlicher Werte, von Verletzung moralischer und ästhetischer Normen gesprochen. Der Roman Der Butt reiht sich konsequenterweise in die „prophetische“ literarische Strategie von Grass ein. Es ist die Rolle des Propheten, zu schockieren, Fragen zu stellen und Kritik zu üben und nicht zu bestätigen oder zu besänftigen. Der Roman liest sich zunächst wie eine Geschichte von unten her gesehen, d.h. vom Essen und vom Bett, nach der Methode in der Nachfolge Brechts in Die Geschäfte des Herrn Julius Cäsar. Betrachtet man diese Geschichte aber unter dem Aspekt der Enttabuisierungs- und Überhöhungsstrategie, so wird deutlich, dass es um totale Darstellung der fundamentalen Werte der jüdischen und christlichen Tradition geht. Eine Konstante dieser Strategie ist der rücksichtslose Umgang mit überlieferten Mythen und Tabus.
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Notizen
Vgl. die Untersuchungen der skeptischen Grundhaltung der deutschen Jugend in den 50er Jahren (Im Alter von 16 bis 30 Jahre — also auch der Generation von Grass) von Helmut Schelsky: Die skeptische Generation. Eine Soziologie der deutschen Jugend. Düsseldorf/Köln 1963.
Vgl. dazu auch die kritischen Bemerkungen von Schelsky. In: Helmut Schelsky: Die Arbeit tun die anderen. Klassenkampf und die Priesterherrschaft der Intellektuellen. 2. erw. Aufl. Westdeutscher Verlag 1975, S. 39
Besonders aufschlussreich ist dafür das Interview von Harro Zimmermann mit Günter Grass. Harro Zimmermann: Vom Abenteuer der Aufklärung. Werkstattgespräche. Göttingen 1999.
Günter Grass: Schreiben nach Auschwitz. Frankfurt a.M. 1990.
Harro Zimmermann: Vom Abenteuer der Aufklärung. Werkstattgespräche. Göttingen 1999, S. 59.
Ebd., S. 61.
Ebd., S. 61.
Auch hier kommt die Zahlensymbolik der „heiligen“ Drei zum Tragen. Ausführlich über die Bedeutung der Zahlen im Werk von Günter Grass schreibt M. Haarscheidt. Michael Haarscheidt: Günter Grass: Wort — Zahl — Gott. Bonn 1976, insb. S. 258ff. Entgegen der mystischen Bedeutung der geistigen Gemeinschaft von Mann, Frau und Gott tritt der Butt hier allerdings destruktiv auf.
Zum Aspekt der Sexualität als Instrument der Emanzipation der Frau vgl. Hans Rudolf Müller-Schwefe: Sprachgrenzen. Das sogenannte Obszöne, Blasphemische und Revolutionäre bei Günter Grass und Heinrich Böll. München 1978, S. 108ff.
Vgl. z.B. Angelika Hille-Sandvoss: Überlegungen zur Bildlichkeit im Werk von Günter Grass. Stuttgart 1987, S. 200ff; Małgorzata Baranowska: Pochwała asymetrii (Lob der Assymetrie) In: Maria Janion (Hrsg.): Günter Grass i polski Pan Kichot (Günter Grass und der polnische Pan Kiehot). Gdańsk 1999. Zunächst in: Maria Janion (Hrsg.): Polskie pytania o Grassa (Polnische Fragen nach Grass).
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Dziuba, M. (2002). „Butts“- Lästerung. Über den Sinn des profanen Tabubruchs in Der Butt von Günter Grass. In: Eggert, H., Golec, J. (eds) Tabu und Tabubruch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02873-0_10
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