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Zu den Perspektiven der französischen Musik des Fin de siècle und zur Selbstdefinition und Neuorientierung der französischen Komponisten in dieser Zeit

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Zusammenfassung

In dem Aufsatz „Le Renouveau — Esquisse du Mouvement Musical à Paris depuis 1870“2 aus dem Jahr 1904 betont Romain Rolland, daß die Situation der französischen Musik gegen Ende des 19. Jahrhunderts wesentlich von der Suche nach Identität und nach Originalität geprägt war; Voraussetzung hierfür war die bewußte Abwendung von dem in Mitteleuropa vorherrschenden Wagnerismus. Nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 waren das in Frankreich aufkommende Nationalgefuhl und das Streben nach kultureller Eigenständigkeit die treibenden Kräfte, die eine Abkehr von der dominierenden romantischen und spätromantischen Musik deutscher Komponisten bewirkten und die Erneuerung der französischen Musik zur Folge hatten. Im Zuge dieser Entwicklung veränderte sich das Selbstverständnis der französischen Komponisten, die nun an die Traditionen der älteren französischen Musik anknüpfen wollten. Hanslicks bereits 1875 formulierte Prognose für die französische Musik brachte nicht nur die kritische Einstellung dem „unproduktiven“ Nachbarn gegenüber zum Ausdruck, sondern entsprach im Prinzip auch der französischen Selbsteinschätzung. Die französischen Komponisten wollten sich von der latenten Fremdbestimmung durch Deutschland lösen und ihrer Kunst eine neue Identität verleihen, die auch außerhalb Frankreichs Anerkennung finden sollte. Das Pariser Musikleben hat sich nach 1871 in vielerlei Hinsicht neuen Anforderungen gestellt: Eine musikalische Erziehung und Protektion junger Komponisten hatte es vor 1870 kaum gegeben; noch Berlioz hatte große Mühe gehabt, das notwendige Geld zu erhalten, um seine Werke von gemieteten Orchestern in gemieteten Räumen spielen zu lassen; die Kosten stiegen aber bald ins Unermeßliche und verhinderten weitere Auffuhrungen.3

„Die französische Nation war aus sich selbst heraus niemals sehr produktiv in der Musik; man weiß, was ihre Oper von Lully bis auf Verdi den Italienern, von Gluck bis auf Meyerbeer den Deutschen verdankt. Besitzt aber das musikalische Erdreich Frankreichs auch nur geringe Fruchtbarkeit, so ist doch Paris ein wunderbares Treibhaus, dessen Wärme fremde Keime zu rascher, blühender Lebenskraft entfaltet.“1

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Notizen

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Schneider-Seidel, K.M. (2002). Zu den Perspektiven der französischen Musik des Fin de siècle und zur Selbstdefinition und Neuorientierung der französischen Komponisten in dieser Zeit. In: Antike Sujets und moderne Musik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02871-6_4

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