Hans Blumenberg: Goethe zum Beispiel. In Verbindung mit Manfred Sommer hrsg. vom Hans Blumenberg-Archiv. Frankfurt am Main und Leipzig 1999, 245 S.

Zusammenfassung

Hans Blumenbergs umfangreiches Werk gibt nicht immer leicht zu erkennen, wo der Autor steht. Dennoch ist kaum strittig, daß der 1996 verstorbene Blumenberg seit seinen Paradigmen zu einer Me-taphorcmlogie und der Legitimität der Neuzeitnicht nur Wissenschaftshistoriker war, sondern auch eine eigene Philosophie entwickelte, besser gesagt: die philosophische Überzeugung vertrat, daß „humane Selbstbehauptung“ trotz geschichtlicher Hypotheken wie Mythos, theologische Absolutismen und philosophische „Wahrheitsmetaphorik“ möglich ist. Das Philosophieren zielt nach Blumenberg we-niger auf die Ausarbeitung eines „Systems“ als vielmehr auf eine Praxis humaner Selbstbehauptung des Autors. Dieser personenzentrierte, praktische Philosophiebegriff versteht sich als „phänomenologische“ Orientierung nach Nietzsche, Husserl und Cassirer. Blumenbergs weite, die neuzeitliche Philosophie-und Wissenschaftsgeschichte zusanunenführende Sichtweise resultiert aus der — heute philosophisch wenig selbstverständlichen — Einsicht, daß sich ein individueller Lebenssinn nur metaphysikgeschicht-lich situieren läßt. Blumenberg entfaltet seine Metaphysik radikal traditionskritisch als „Metaphorologie“; er schwächt die überlieferten Wahrheitsansprüche philosophischer Metaphysik, Denken und Dichten annähernd, ab, ohne die Uberzeugung, daß philosophische Gesamtdeutungen für die Praxis unver-zichtbar sind, preiszugeben.