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Lehr- und Wanderjahre: Goethes Weg durch die Geheimgesellschaften

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Goethe-Jahrbuch
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Zusammenfassung

„Ich bin vorgestern zu Offenbach gewesen! Herr Göthe war eben auch da allein er hat weder etwas von mir gesehen noch erfahren. […] Er soll nun nicht in die Gesellschaft kornmen, er mag es auch anfangen wie er will. Daß er sich so sehr zudrängt ist schon ein böses Zeichen“.1 Diese Zeilen schrieb Ernst Karl Ludwig Ysenburg von Buri, Archon der „Arkadischen Gesellschaft zu Phylandria“, am 20. Juli 1764. Goethe hatte im Mai 1764 ein Aufnahmegesuch an Buri gerichtet — es ist der früheste Brief Goethes, der überliefert ist.2 Buri hatte Goethes Gesuch zunächst durchaus mit Wohlwollen betrachtet. Erst nachdem er genauere Erkundigungen über Goethe eingezogen hatte, begann er „die Feindschaft dieses listigen Menschen“ zu fürchten und veranlaßte, daß Goethe „sehr schleunig abgefertigt“ wurde: „Er will gern in unsre Gesellschaft kommen. Dieses ist sein ganzes Gesuch. Darum giebt sich derselbe so viele unsägliche Mühe. Ich kenne das Herrchen besser und zwar von sicheren Leuten […] Ich erfuhr daß er der Auschweifung und vielen anderen mir unangenehmen Fehlern […] sehr ergeben sey“.3 Buris Korrespondenzpartner Johann André, der Goethe persönlich kannte, stimmte zwar auch gegen die Aufnahme, urteilte aber milder: „Warum ich aber keine Neigung zu ihm trug, ist blos, daß er mir zu jung schien. Er mag 15 Jahr oder 16 alt seyn, im übrigen hat er mehr ein gutes Plapperwerk als Gründlichkeit.“ 4 Die „Arkadische Gesellschaft zu Phylandria“5 nahm vor allem junge Männer, später auch Frauen auf und soll der Schäferdichtung gefrönt haben. Um 1764/65 wurde sie der Hochgradfreimaurerei angepaßt, die sich damals in Deutschland durchzusetzen begann.

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Notizen

  1. Vgl. Gustav Lang: Aus dem Ordensleben des 18. Jahrhunderts: Typische Vertreter der Strikten Observanz; Freiherr Gottlieb von Gugomos, Rastatt, Prinz Ludwig von Hessen Darmstadt, Hofrat Eberhard Waechter, Stuttgart, Bürgenneister von Roßkampff Heilbronn. Heilbronn 1929; Heinrich Künzel: Die arkadische Gesellschaft zu Phylandria. In: Latomia. Freimaurerische Vierteljahresschrift XXIX (1873), S. 105–127; Friedrich Fuchs: Die arkadische Gesellschaft zu Phylandria. In: Am Reissbrete. Handschriftliche Mitteilungen aus den unabhängigen Logen […] 14 (1887), S. 51–56; Heinrich Düntzer: Goethes Leben. Leipzig 1883, S. 50ff.; Allgemeines Handbuch der Freimaurerei. Bd. 1. Leipzig 1900, S. 146f.; Eugen Lennhoff/Oskar Posner: Internationales Freimaurer-Lexikon. Wien 1932, Sp. 966ff.; Joachim Bauer/Gerhard Müller: „Des Maurers Wandeln, es gleicht dem Leben. Tenzpeimaurerei, Aufklärung und Politik im klassischen Weimar. Rudolstadt 2000, S. 91 f.

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Bauer, J., Müller, G. (2002). Lehr- und Wanderjahre: Goethes Weg durch die Geheimgesellschaften. In: Golz, J., Leistner, B., Zehm, E. (eds) Goethe-Jahrbuch. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02861-7_5

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  • Publisher Name: Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart

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