Zusammenfassung
„Es lächelt der See, er ladet zum Bade“ (SNA 10, S. 131) — mit diesem Eingangsvers des Wilhelm Tell hat Friedrich Schiller das historische und geographische Zentrum der Schweiz, den Vierwaldstättersee, als Schauplatz seines Freiheitsdramas eingeführt. Die Landschaft kannte er nicht aus eigener Anschauung, doch gab es damals bereits viele bildliche Darstellungen und Beschreibungen davon. Vor allem aber war ihm die Gegend von Goethe geschildert worden, dem sie bestens vertraut war. Denn dieser hatte auf jeder seiner drei Schweizer Reisen — 1775, 1779 und 1797 — nicht nur den Gotthardpaß bestiegen, sondern auch den Vierwaldstättersee befahren. Er schätzte den See weit über seine Funktion als notwendigen Zubringer zur hochalpinen Zone.1 In einem Brief vorn 4. Juni 1780 empfahl Goethe seinem Freund Karl Ludwig von Knebel die Route auf dem Urnersee von Brunnen nach Flüelen mit den Worten: „Dieser Weg ist mit das größte was man auf der ganzen Reise zu sehen kriegt“ (WA IV, 7, S. 360). Goethe rät dem Freund weiter, „diese Gegenden mit einem sachten Genusse recht einzuschlürfen. Ich bin die beiden Male [1775 und 1779; M. W.] nur wie ein Vogel durch, und sehne mich immer wieder hin“ (WA IV, 7, S. 361).
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Notizen
Für die Beschreibung eines uneingeschränkten Panoramas hätten Goethe damals vielleicht ebenso die Worte gefehlt wie seinem Zeitgenossen Salomon Schinz, als er 1774 den Uetliberg bei Zürich bestieg. Der „touristische Blick“ war erst im Entstehen begriffen. Vgl. Daniel Speich: Wissenschaftlicher und tounstischer Blick. Zur Geschichte der „Aussicht“ im 19. Jahrhundert. In: Traverse 3 (1993), S. 83–99.
Vgl. Eduard Ziehen: Die deutsche Schweizerbegeisterung in den jahren 1750–1815. Frankfurt a. M. 1922, und neu Uwe Hentschel: Mythos Schweiz. Zum deutschen literarischen Philhelvetismus zwischen 1700 und 1850. Tübingen 2002.
Vgl. Petra Raymond: Von der Landschaft im Kopf zur Landschaft aus Sprache. Die Romantisierung der Alpen in den Reiseschilderungen und die Literarisierung des Gebirges in der Erzählprosa der Goethezeit. Tübingen 1993.
Vgl. Madlena Cavelti Hammer: Hemellung und Auswirkungen des Reliefs der Urschweiz von Franz Ludwig Pfyffer. In: Cartoeranhica Helvetica 18 (1998). S. 11–18.
Zur Entwicklung von Goethes Anschauungen in der Geologie vgl. Max Semper: Die geologischen Studien Goethes. Leipzig 1914. Goethes Versuche zur Visualisierung seiner Erkenntnisse sind dargestellt bei Margrit Wyder: Wissen sichtbar machen. Zu Goethes Visualisierungsmethoden in der Geologie. In: Wir wandeln alle in Geheimnissen. Neue Erfahnsngen mit Goethe. Beiträge des fünften Kasseler Goetheseminars. Kassel 2002, S. 87–126.
Eine Knickung in der Art, wie sie Johann Carl Wilhelm Voigt vermutet hat, ist mit den realen Aufschlüssen des Flözes aber nur schwer in Übereinstimmung zu bringen. Es liegt wohl eher eine Faltenüberschiebung vor. Vgl. Kurt Steenbuck: Silber und Kupfer aus Ilmenau. Ein Bergwerk unter Goethes Leitung. Weimar 1995 (= SchrGG. Bd. 65), S. 279 f.
Zu Eschers Stellung in der Geologie seiner Zeit vgl. Bernhard Snider: Geschichte der Physischen Geographie der Schweiz bis 1815. Bern, Zürich 1863, S. 596–604.
Vgl. Anatole Feugère: Raynal et son monument de Guillaume Tell. In: Revue de Fribourg 8(1909), S. 572.
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Wyder, M. (2004). Landschaften und Begegnungen auf Goethes Schweizer Reisen: der Vierwaldstättersee. In: Frick, W., Golz, J., Zehm, E. (eds) Goethe-Jahrbuch. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02860-0_7
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