Zusammenfassung
Der Grieche, erstaunt, mit unterdrückter Stimme zu den anderen Gefangenen: „Warje ein Traum so bunt, als was hier wahr ist?“ 1
Dieses Zitat aus dem Trauerspiel Penthesilea von Heinrich von Kleist ist so vielschichtig und doppelbödig wie das Leben selbst. Es beschreibt jedoch auch punktuell genau den Augenblick des Beginnens: Den Beginn der Idee zur Inszenierung einer antiken Tragödie. Die Manifestation dieser Idee ist der Anfang aller Arbeit, welche der Regisseur leisten muss. Es geht ihm also wie dem unbekannten Griechen in Kleists Penthesilea, der erstaunt über die Gebräuche der Amazonen mit unterdrückter Stimme zu seinen Mitgefangenen die ergreifenden Worte des Unverständnisses spricht: „War je ein Traum so bunt, als was hier wahr ist?“ Und genau dieses Unverständnis regt zuerst im Regisseur die Ehrfurcht im ureigensten Sinn des Wortes, die Ehrfurcht vor der griechischen und römischen Tragödie. Am Anfang ist das Staunen.2 Dieses Staunen eröffnet dem Regisseur, der sich ja auch teilweise als „Schöpfer“3 versteht, die Möglichkeit zur kreativen Entfaltung. Werden die daraus entstandenen Ideen dann gepaart mit der genauen Interpretation des Stückes, so entspringt daraus die perfekte Inszenierung. Die genaue Interpretation eines antiken Dramas muss jedoch den philologischen Ansatzpunkten entsprechen.4
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Kurzes Literaturverzeichnis
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Lenz, A.W. (2001). Die Inszenierung einer antiken Tragödie — Medea von L. Annaeus Seneca. In: Zimmermann, B. (eds) Rezeption des antiken Dramas auf der Bühne und in der Literatur. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02840-2_1
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